Ich kann mich noch gut an einen unserer wunderschönen Strandspaziergänge auf Koh Lanta in Thailand erinnern. Samuel krabbelte durch den Sand oder ritt auf Niklas‘ Schultern und ich stapfte nebenher. Schön war das, richtig idyllisch und der Strand menschenleer. Klar, war ja auch Nebensaison. Aber etwas trübte unseren Eindruck vom perfekten Fleckchen Erde, unser schönes Koh Lanta war nämlich auch ganz schön vermüllt. Da war wirklich alles am Strand zu finden. Von Schuhen über Plastikflaschen und Tüten bis hin zu Spielzeugen und anderem Krims Krams. Wirklich, bei manchen Sachen haben wir uns gefragt, wer sowas ins Meer schmeißt. An manchen Strandabschitten, den weniger bebauten, sammelten sich bereits richtige Müllberge an Plastikmüll. Die Frage war, woher kommt der eigentlich, wie gelangt er ins Meer und vor allem: wer produziert täglich so viel Plastikmüll?! Es war traurig und hat uns gezeigt, dass viel zu wenig Rücksicht auf die Umwelt genommen wird.

Eine liebe Leserin hat sich daher mit ihrer Familie für die diesjährige Fastenzeit ein ganz besonderes Projekt vorgenommen. Ich habe davon auf Facebook gelesen und war so begeistert, dass ich sie bat, ihre Erfahrungen auf unserem Blog mit euch zu teilen. Vielen Dank, liebe Tanja, dass du dir die Mühe gemacht hast, all deine Gedanken und Erlebnisse in Worte zu fassen. Aber lest selbst:

Warum Plastik?

Das Thema Kunststoff beschäftigt uns nun schon eine Weile und spätestens seit meiner Schwangerschaft und der Geburt unseres Kindes, vor etwas über einem Jahr, ist es im Grunde immer präsent. Wie alle Eltern wollen wir nur das Beste für unser Kind und das bedeutet für uns auch, dass wir ihm und seinen Kindern und Enkelkindern eine belebbare Welt hinterlassen. Schon jetzt ist unsere Erde so belastet von Plastikmüll, dass wir das Zeug schlichtweg nicht wieder loswerden. Die Meere sind voll davon und sogar in unserem Blut lassen sich Kunststoffe nachweisen. Es gibt einen sehr empfehlenswerten Film namens Plastic Planet da findet ihr noch mehr Informationen, welche Auswirkungen unser Plastikkonsum auf uns und unsere Umwelt hat.

Warum Fasten?

Eins vorweg, wir sind nicht besonders religiös, aber dennoch fasten wir jedes Jahr. Wir machen das eher aus moralischen und philosophischen Gründen (falls man das so sagen kann). Wir wollen uns bewusst werden, in was für einer Überflussgesellschaft wir eigentlich leben und wieder an einen Punkt der Wertschätzung für die kleinen Dinge kommen. Meistens ist Fasten bei uns mit Süßigkeiten, Alkohol oder anderen Luxusgütern verbunden. Dieses Jahr wollten wir mal etwas anderes ausprobieren. Wir wollten uns bewusst machen, wie stark Kunststoff in unseren Alltag schon vorgedrungen ist. Bei den ersten Gedanken zum Plastikfasten waren wir überzeugt, dass das nie hinhaut, aber genau dabei lag der Reiz. Dachten wir das nur oder ist es wirklich unmöglich auf Kunststoffe zu verzichten? Gibt es vielleicht Alternativen, die wir auf den ersten Blick nicht sehen oder kommen wir aus dem Plastikdschungel nicht mehr raus? Diesen Fragen wollten wir auf den Grund gehen und haben das Experiment Plastik-Fasten gestartet.

Die Regeln.

Im bereits erwähnten Film Plastic Planet gibt es eine Szene, in der sich eine Familie allen Gegenständen aus Kunststoff in ihrem Haus entledigt und im Garten auftürmt (ein beeindruckender Haufen. Man muss nur mal durch die eigene Wohnung gehen und sich vorstellen, was da bei einem selbst alles auf dem Haufen landen würde). Auch wenn der Gedanke tatsächlich sehr reizvoll erschien, das haben wir uns nicht zugetraut. Da wir sowieso nicht davon ausgegangen waren, dass ein plastikfreies Leben machbar ist, haben wir die Regeln anfangs eher lax formuliert. Alles, was sich an Plastik schon im Haushalt befand, durfte weiter benutzt werden.

Das hatte auch den erheblichen Vorteil, dass man sich nach und nach Gedanken über Alternativen machen konnte und nicht alles auf einmal ersetzen musste. Kunststoff durfte nur neugekauft werden, wenn sich keine akzeptable Alternative finden lässt oder im Notfall. Offenheit für Neues war bei diesem Experiment eine wichtige Voraussetzung.

40 Tage, 40 Berichte.

Daheim im stillen Kämmerlein vor mich hinbrodelnd war mir bei diesem Experiment aber auch nicht genug. Da ich ein sehr mitteilsamer Mensch bin, habe ich mich entschlossen jeden Tag einen kleinen Bericht zu schreiben. Darüber, was uns bei unserem Experiment besondere Schwierigkeiten bereitet hat und vor allem, was uns sehr leicht gefallen ist. Sinn dieser Berichte war auch, andere (in dem Fall Freunde bei Facebook) zu inspirieren und auf unsere Fastenzeit aufmerksam zu machen.

Ein sehr positiver Nebeneffekt, den ich anfangs gar nicht bedacht hatte, war die Schwarmintelligenz. Bei vielen Problemen bekamen wir Lösungen von unseren Freunden in die Kommentare geschrieben. Ich hätte zu Anfang nicht erwartet, dass das Thema überhaupt jemanden interessiert und freue mich sehr über jeden, der mitliest, mitdenkt und vielleicht sogar umdenkt an mancher Stelle.

Halbzeit mit Zwischenbilanz: was geht gut, was gar nicht.

Wir sind jetzt etwas über der Hälfte der Fastenzeit angelangt und ich muss sagen, dass wir uns das Plastikfasten viel schwerer vorgestellt hatten, als es tatsächlich ist. Klar, es gibt einige Kompromisse, die wir eingehen mussten und an der ein oder anderen Stelle haben wir es nicht geschafft auf Plastik zu verzichten. Jeder meiner 40 Berichte handelt von unterschiedlichen Gebieten, in denen wir mit Kunststoff konfrontiert sind. Das Einkaufen ist zum Beispiel ein solches Feld, das sehr viele Plastikfallen kennt, darum habe ich mich gleich zu Anfang in einen Laden ohne Verpackungen begeben und darüber berichtet.

Plastik-Fasten Tag 2: ein Einkauf im unverpackt-Laden.

Zugegeben, ich hatte hohe Erwartungen, die leider nicht ganz erfüllt wurden. Größtes Minus sind hier klar die Preise. Nachdem ich gestern über die Milch im Glas so positiv überrascht war, kam heute die Ernüchterung. Unser Einkauf: eine Rolle unverpacktes Toilettenpapier, 12 Zahnpastatabletten, eine Duschseife und ca. 200g Bulgur (im mitgebrachten Glas abgefüllt) schlugen mit ca. 10€ zu Buche. Ich verstehe natürlich, wie sich solche Preise zusammensetzen und, dass sie ihre Berechtigung haben mögen, aber für unser Bugdet ist das auf Dauer schlicht unerschwinglich. Zudem müssen wir mit dem Auto, oder den öffentlichen hin, weil der Laden nicht in unserer Nähe liegt. Ich glaube, das war unser letzter Besuch. Obwohl die Bedienung, das Ambiente und die Idee dahinter wirklich top sind. Besonders bin ich jetzt aber auf die Alternative zur Zahnpasta gespannt. Davon Berichte ich dann morgen.

Die ersten Kompromisse ließen leider auch nicht lange auf sich warten.

Plastik-Fasten Tag 3: Die ersten Kompromisse.

Zunächst einmal zu den Zahnpasta Tabletten: Habe sie getestet und ich muss sagen, so schlecht sind sie nicht. Man zerkaut sie mit den Schneidezähnen und putzt dann ganz normal mit der Zahnbürste. Der Geschmack ist etwas gewöhnungsbedürftig (eher salzig mit einer Minznote). Auch seltsam ist, dass sie überhaupt nicht schäumt, aber die Zähne fühlen sich danach sehr glatt und sauber an. Kann man also machen.

Kompromisse: Mülltüten. Wir sammeln unseren Papiermüll in Papiertüten und werden beides dann in die Tonne. Unseren „grüne-Punkt Müll“ sammeln wir in einer Tasche, die wir in die Tonne ausschütten. Der Restmüll landet in einer Plastiktüte. Wir sind den Kompromiss eingegangen, dafür jetzt „Ökomülltüten“ zu verwenden. Was auch immer das heißen mag.

Als Mami eines Wickelkindes blieb natürlich auch das Thema Stoffwindeln nicht unbehandelt.

Plastik-Fasten Tag 5: Für die Mamis: Stoffwindeln.

Wegwerfwindeln produzieren nicht nur Unmengen an Müll, sie sind super teuer und bestehen aus Kunststoff. Zugegeben: Damit haben wir nicht erst vor fünf Tagen angefangen, sondern von Geburt an. Stoffys sind ein riesen Thema, über das sich ein ganzes Buch schreiben lässt, deswegen hier die extrem abgespeckte Variante (Nachfragen ist ausdrücklich erwünscht): Es gibt verschiedene Systeme bei Stoffwindeln: All in Ones (funktionieren wie Wegwerfwindeln), All in Twos oder Hybridwindeln, Höschenwindeln mit Überhosen und Pocketwindeln. Jedes System hat seine Vor-und Nachteile wir haben uns durchgetestet und sind bei Pocketwindeln hängen geblieben. Wirklich Kunststofffrei sind nur Höschenwindeln in Verbindung mit Wollüberhosen. Dabei werden die Höschenwindeln nass und ausgewechselt, die Überhosen werden wiederverwendet und seltener gewaschen. Aber: wenn man sie wäscht (nur im Wollwaschprogramm der Maschine, mit speziellem Waschmittel), müssen sie danach wieder eingefettet werden. Das war uns zu umständlich. Alle anderen Windeln werden Wasserdicht durch ein sogenanntes PUL. Das ist die Außenschicht aus Synthetik. Pocketwindeln haben eine Außenschicht aus PUL und einen Innenschicht aus (meistens) Baumwolle. Zischen den Schichten kann man durch eine Öffnung Einlagen platzieren. Die Einlagen gibt es in unterschiedlichen Materialien (Baumwolle, Bambusviskose, Mikrofaser und Hanf) am besten saugen Bambus und Hanf. Die brauchen aber sehr lange zum trocknen. Berechnungen zeigen, dass selbst Waschen und Trockner eine bessere Umweltbilanz ergeben, als Wegwerfwindeln.

Die Stoffys halten insgesamt nicht so lange trocken, wie Wegwerfwindeln. Man muss alle 3-4 Std wickeln. Es gibt auch Nachtwindeln, die länger halten, aber 12-13 Std hat bei uns keine durchgehalten. Deswegen benutzen wir nachts Wegwerfwindeln. Auch wenn wir unterwegs sind brauchen wir oft Wegwerfwindeln, was jetzt aber wieder mehr und mehr eingeschränkt wird. Im Grunde spricht nämlich nichts dagegen unterwegs mit Stoffys zu wickeln.

Waschen: Benutzte Windeln kommen in einen einfachen Windeleimer, in ein Wäschenetz, das im ganzen in die Waschmaschine gesteckt wird. Große Geschäfte landen in der Toilette, denn man legt ein Papiertuch (Windelfließ) mit rein, dass man einfach entsorgen kann. In diesen Windeleimer packen wir auch unsere selbst gemachten Feuchttücher (dazu bald mehr). Man muss leider ein spezielles Waschmittel benutzen (Waschnüsse gehen auch) und weil die Windeln viel Wasser saugen einweichen lassen oder, falls möglich, mit Wasser Plus Programm waschen. Die Schleuderzahl muss auch reduziert werden. Danach die Teile, die möglich sind in den Trockner, wieder alles zusammen setzen und weiter geht’s.

Fazit: Das klingt viel komplizierter, als es tatsächlich ist. Stoffys sind weich, trocken, einfach anzuwenden und zusätzlich wunderschön. Ich habe erst gestern eine neue bestellt und bin sehr begeistert.

Im Laufe der Zeit kamen auch fast schon philosophische Gedanken auf.

Plastik-Fasten Tag 15: Portioniertes Leben.

Zugegeben, ich finde sie ja auch süß, diese winzigen Schächtelchen, Döschen und Tübchen. Wahrscheinlich erinnert es mich an meine Kindertage, in denen ich gerne mit dem Kaufladen gespielt habe. Und Edward Norton war von seinem Leben in kleinen Portionen ja auch sehr begeistert in „Fightclub“. Viel zu Gedankenlos bin ich damit bisher umgegangen. Habe sie gekauft, weil ich sie schön fand, benutzt, weggeworfen und bald wieder gekauft. Ein Teufelskreis, der jede menge Plastikmüll verursacht, der so einfach zu vermeiden ist. Klotzen statt Kleckern sollte die Devise sein. Und das ist quasi das Einfachste, was man tun kann, um Plastikmüll zu reduzieren. Ein Verzicht auf diese ganzen Pröbchenpackungen. Wozu gibt es überhaupt alle in kleinen Portionen? Wenn ich etwas testen will, kann ich doch auch die normal große Packung nehmen, Gefällt es mir nicht, hab ich halt Pech und beiße in den sauren Apfel. Auf Reisen gibt es längst andere Lösungen (dazu später mehr). Das Gleiche gilt für Lebensmittel. Ich habe mir da neulich auch meine Gedanken drüber gemacht. Mir kam der Einwand, dass wenn ich große Packungen kaufe, mir das Essen nachher schlecht wird und ich dann wieder neues kaufe und damit ja auch das Problem nicht gelöst wäre. Doch! Die Lösung besteht darin die Varianz einzuschränken. Wieso muss ich jeden Morgen eine riesige Auswahl an Wurst, Käse, Brot, Eiern, Säften, u.s.w. haben? Ich muss nicht zu jedem Frühstück so viel Auswahl, wie bei einem guten Brunch im Café haben. Wenn ein großes Paket Käse kaufe, dann esse ich das, bis es leer ist und dann kaufe ich etwas anderes (auch in der großen Verpackung).

In diesem Experiment komme ich immer wieder an den Punkt, wo ich mir denke, dass es doch auch mal anders war. Meine Eltern und Großeltern hatten nicht so viel Plastik und haben auch überlebt. Dann frage ich mich, wie haben die das bloß geschafft. Und die Antwort ist oft sehr einfach. Die hätten über solche Mini Verpackungen gelacht. (Muss mir gerade meinen Großvater vorstellen, wie er versucht mit seinen riesigen Maurer-Händen eine dieser winzigen Verpackungen aufzureißen.) Ich jedenfalls, habe die Nase voll von einem portionierten Leben. Ich nehme meins am Stück. Vielen Dank.

Natürlich habe noch viele weitere Themen eine Rolle gespielt, weil Kunststoffe ja quasi allumfassend sind in unserem Leben. Darunter vor allem Hygieneartikel oder Putzmittel, Essen kaufen, kochen, anrichten oder zum Mitnehmen, Trinkflaschen und es ging für mich als Mama und Frauchen auch um alles, was mit Kleinkind oder Hund zu tun hat.

Ich kann jedem nur empfehlen sich Schritt für Schritt einem Plastik freien Leben zu nähern. Immer mal wieder etwas ausprobieren und erst umsteigen, wenn man eine Alternative (die sich gut anfühlt) gefunden hat. Darum möchte ich euch zum Schluss noch ein paar Tipps mitgeben, wie wir unseren Plastik-Konsum ganz einfach einschränken konnten.

Einfache Tipps zum Start in ein plastik freies Leben:

Im Bad: Shampoo durch Haarseife und Duschgel durch Duschseife (gibt es natürlich auch kombiniert) ersetzen. Zahnpasta entweder selber machen oder feste Zahnpasta nehmen. Ich kann da Zahnputz-Tabletten empfehlen die am Stück war für mich unpraktisch. Deo als Kristall benutzen, aber auf die Verpackung achten.

Essen: Immer einen Baumwollbeutel für Brot und andere Backwaren dabei haben. Gemüse kann man da auch rein packen. Gemüse nur unverpackt kaufen und auch nicht in diese kleinen, kostenlosen Plastiktüten stecken. Das kann man sogar lose mit an die Kasse nehmen und lose in den Einkaufsbeutel legen.

Generell: lieber große Mengen kaufen und verbrauchen, statt viele kleine „Varianten“ von allem da haben. Unverpackt Läden sind eine tolle Sache, für uns aber leider zu teuer. Viele Dinge gibt es auch ohne Plastik in Supermärkten zu kaufen (ein ganz bestimmter Nudel-Fabrikant zum Beispiel).

Das Wichtigste ist jedoch, den Spaß bei der Sache nicht zu verlieren und nicht zu streng zu sich zu sein. Man sollte sich bewusst machen, dass jedes kleine Stückchen Plastik, auf das ich jetzt in diesem Moment verzichten kann, schon einen Unterschied macht.

Liebe Tanja, danke für dieses grandiose Experiment und die tollen Anregungen. Wer mehr lesen mag, findet Tanja bei Facebook.
Könntet ihr euch ein solches Experiment vorstellen? Lebt ihr vielleicht sogar schon (nahezu) Plastik frei? Was habt ihr noch für Alltagstipps, um die Umwelt zu schonen? Ich bin gespannt auf eure Meinungen.

Alles Liebe,
eure Jasmin