Zu Beginn meiner Schwangerschaft wusste ich bereits, dass ich mein Kind stillen möchte. Ich hegte auch keine Zweifel, dass es vielleicht nicht klappen könnte, schaffte keine „Notfall-„Premilch und keine Notfallfläschchen an. Nein, ich vertraute auf meinen Körper, mich und mein Baby. Nun führen mein Sohn und ich schon seit 16, fast 17 Monaten eine enge Stillbeziehung. Samuel liebt seine Muttermilch und ich liebe es, ihn zu stillen und ihm dabei nah zu sein. Sein Atem wird ganz ruhig, wenn er sich stillt, und ich spüre seine Nähe. Die Brust ist sein Ruhepol, sein Trostpflaster.

Noch im Dezember stillte ich Samuel bis zu zehn mal täglich. Er forderte seine „Mi“ ganz wehement ein, riss das Shirt hoch und so verwehrte ich ihm auch hier nicht sein kostbarstes Gut. Nein, es war okay für uns beide, zwar eine anstrengende Zeit, die ich aber auch sehr genossen habe.
Ich stille gerne und wenn ich ehrlich bin wünsche ich mir, ab Sommer beide Kinder stillen zu können. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt ohnehin, Kinder bis zum zweiten Geburtstag zu stillen. Ich habe mir daher bereits mit dem Gedanken des Tandem-Stillens beschäftigt, Artikel, Blogbeiträge und Foren gelesen, einfach weil es mich interessiert. Was ist denn dabei, zwei Kinder gleichzeitig zu stillen? Für mich hört sich das schön an.

Abstillen.

Abstillen. Für mich gerade ein hässliches Wort, das ich am liebsten nicht hören und schon gar nicht aussprechen mag.
Seit ein paar Tagen stillt Samuel sich tagsüber gar nicht mehr, an manchen Tagen kommt er ein mal zu mir und fordert seine Milch. Vielleicht liegt es daran, dass er viel Wasser und Tee tagsüber trinkt oder über das Spielen mit seinen Duplosteinen die Sehnsucht nach der Brust vergisst. Nachts stille ich ihn ein bis zwei Mal, je nach Bedarf, so haben wir das schon immer gemacht. Die kuscheligen Stillmomente, in welchen es nur uns beide gab, sind selten geworden. Ganz plötzlich und völlig unverhofft. Laut umherwirbelnd sind meinem Stillbaby plötzlich andere Dinge wichtiger, leise und einsam ziehe ich mich zurück und bin traurig. Traurig über diesen doch eigentlich völlig normalen Verlauf der Dinge. Ich denke in diesen letzten Tagen immer häufiger an die vielen schönen und frustrierenden Momente unserer Stillgeschichte zurück. Die ersten hastigen Schlucke, die mein Sohn trank, voll Ungeduld und doch schon so wissend. Ich denke an das erste Mal stillen in der Öffentlichkeit und die ersten verrückten Male zwischen Supermarktregalen. Ich denke an die Hilflosigkeit, als während eines Wachstumsschubes scheinbar nicht genügend Milch da war, um den Durst meines Babys zu stillen. Ich denke an kalte, verregnete Tage auf der Couch, als wir fast nichts anderes taten als zu kuscheln und unsere Stillbeziehung zu pflegen. Und ich denke daran, wie es wohl ist, das letzte Mal zu stillen. Mich macht es traurig, dass unsere Stillbeziehung vielleicht bald vorüber sein könnte. Versteht mich nicht falsch, ich habe mir immer gewünscht, dass Samuel sich selbst abstillt, ohne nächtelanges Umherwandeln und Kind ohne Brust in den Schlaf zu wippen, ohne Frust und ohne weinen.

Und nun, wo dieser Zeitpunkt vielleicht gekommen ist, möchte ich nicht loslassen und mein Herz wird ganz schwer bei dem Gedanken meinem Kind nicht mehr die Brust zu geben. Verkehrte Welt, oder? Eigentlich müsste ich doch froh sein, meinem Körper wieder für mich allein zu haben – zumindest bis unser Baby im Juni geboren sein wird. Ganz insgeheim habe ein bisschen die Hoffnung, dass es nur eine Phase ist und Samuel doch weiter mein kleines Stillbaby bleibt. Ist das verrückt? Egoistisch? Ich weiß es nicht. Ich kann die Dinge nur nehmen wie sie sind und das Beste daraus machen.

Alles Liebe,
eure Jasmin