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Als mich die drei Organisatorinnen des Kölner GeburtsTages anschrieben, ob ich Lust hätte, über die Veranstaltung auf meinem Blog zu berichten, hatte ich noch keine Ahnung, wie großartig dieses Wochenende  sein würde. Der Kölner GeburtsTag findet ein Mal pro Jahr statt und wird von Krstina Wierzba-Bloedorn, Nicole Ebrecht-Fuß und Anette Heidkamp organisiert, selbst Mütter von insgesamt 10 Kindern . Die Veranstaltung richtet sich nicht nur an Schwangere und Hebammen, sondern auch an Fachpersonal, das in der Geburtshilfe tätig ist, sowie an Interessierte Frauen und Männer. Es werden an zwei Tagen Vorträge und Filmvorstellungen zu verschiedenen, facettenreichen Themen rund um die Geburt und die erste Babyzeit angeboten. Natürlich gibt es auch Raum für Diskussion und ein herzliches Beisammensein. Ich sagte also freudig zu, denn das Programm war sehr vielversprechend und interessant gestaltet.

Hier eine kleine Übersicht über das Programm:

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Ich wurde am Samstag direkt super herzlich im Tante Astrid, ein Kindercafé, das ganz wunderbare Räumlichkeiten bietet, empfangen und freute mich auf die Referentinnen.

Petra Engel, die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Köln, eröffnete am Samstag Morgen die Veranstaltung. Sie sprach zunächst über die miserablen Arbeitsbedingungen der Hebammen. Auch zur Veränderung der Geburtskultur in Deutschland fand sie sehr treffende Worte.

Samuel hat übrigens die meiste Zeit fröhlich im Vortragsraum oder in der Kinderecke gespielt. Auch das ein oder andere Schläfchen wurde gehalten, sogar im Tragetuch an Mama gekuschelt als sie so gerne den Vortrag sehen wollte.

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Renate Egelkraut, selbst seit 30 Jahren Hebamme, hielt daran anschließend einen sehr aufschlussreichen Vortrag zur Wahl des Geburtsorts, der uns alle auch sehr zur Diskussion anregte. Sie zeigte ganz spannend anhand von Zahlen, wie sich die Wahl des Geburtsorts in den letzten Jahrzehnten von zu Hause auf die Klinik verschoben hat, denn bis zu den 1950er Jahren gingen nur wohlhabende Frauen oder solche, die Komplikationen zu erwarten hatten ins Spital. Erst durch den Feminismus kam der Wunsch auf, selbstbestimmter zu gebären und so bekamen Frauen wieder immer häufiger ihr Kind im häuslichen Rahmen.

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Diese Tendenz ging jedoch wieder zück, denn heute gebären 99% aller Frauen ihr Kind in einer Klinik.  Frau Egelkraudt plädiert: „Jede gesunde Frau, mit einem gesunden Baby im Bauch, kann zu Hause gebären!“. Tatsächlich werden nur 0.3% der Frauen, die eine außerklinische Geburt beginnen akut unter der Geburt ins Krankenhaus verlegt. Trotzdem finden verhältnismäßig wenig Hausgeburten statt – nur ca 10.000 jährlich. Das liegt zum einen daran, dass immer weniger Hebammen die Hausgeburtshilfe leisten, was schlichtweg eine Kostenfrage ist (Stichwort: Versicherungsbeiträge), zum anderen ist es eine Sicherheitsfrage, denn immer mehr nahe liegende Kreißsäle schließen und Frauen könnten so im Notfall nicht rechtzeitig verlegt werden. Frau Egelkraut sprach von einer guten Alternative, dem Hebammenkreißsaal. Hier bei uns in NRW gibt es fünf dieser besonderen Kreißsäle, in welchen die Geburt nur von Hebammen geleitet wird. Lediglich bei Komplikationen wird die Geburt in den regulären Kreißsaal „verlegt“. Deutschlandweit gibt es 14 solcher Institutionen.

Anschließend an den Vortrag wurde der Film Orgasmic Birth von Debra Pascali-Bonaro gezeigt. Der Film zeigt Frauen unter der Geburt und ermutigt schwangere Frauen, auf den eigenen Körper und die Fähigkeit gebären zu können zu vertrauen. Dabei fängt der Film ganz wunderbar und berührend ein, wie kraftvoll und (sexuell) erfüllend eine Geburt sein kann. Die Nähe von Geburt und Sexualität ist nur eine tolle Facette des Films und soll Frauen darin bestärken, wieder selbstbestimmter zu gebären. Mich hat der Film sehr berührt und bewegt und ich empfehle ihn sehr gerne weiter.

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Leider konnte der Vortrag  zur Beikosteinführung nicht stattfinden, stattdessen sprach Kerstin Pukall über Geburtsfotografie. Einige ihrer Bilder waren übrigens ausgestellt und so wunderschön! Auch hier konnte man den ganz besonderen Zauber, den eine Geburt birgt sehen, denn die Fotografin hält in ihren Fotos den Verlauf der Emotionen sehr gekonnt fest!

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Der letzte Programmpunkt am Samstag ist der Film Mein kleines Kind von Katja Baumgarten, Regisseurin und Protagonistin des Films. Frau Baumgarten erhält in der 21. Schwangerschaftswoche die Diagnose Trisomie 18 für ihr ungeborenes Kind. Sie erhält keine Unterstützung und fühlt sich allein gelassen mit der Diagnose und dem, was auf sie zukommt. Sie hat die Wahl zwischen Spätabtreibung oder einer Geburt, bei der ihr Sohn Martin nicht überleben oder aber keine hohe Lebenserwartung haben wird. Sie bringt Martin schließlich im häuslichen Rahmen zur Welt, ihre drei anderen Kinder und sie verbringen ein paar wenige Stunden mit dem schwer kranken Martin, bevor er schließlich auf der Brust seiner Mutter ganz geborgen und ohne grelles Krankenhauslicht verstirbt.

Noch als ich dem Facharzt gegenüber sitze, taucht reflexartig die Idee zu diesem Film auf. Das, was jetzt passieren wird, ist in jedem Fall zu groß für mich. Dokumentation als ein Zeugnis, wo ich fürchte, die Orientierung im inneren Chaos zu verlieren. Ich will die Not dieser Entscheidung nicht für mich behalten, sondern irgendwann in die Öffentlichkeit zurückzugeben, was gewöhnlich verschwiegen im Privaten vollzogen wird. (Katja Baumgarten)

Katja Baumgartens Film hat mich sehr erschüttert und im Vorstellungssaal herrschte betretenes Schweigen. Nach dem Film stand Frau Baumgarten für Gespräche und Austausch bereit. Es herrscht eine stimmungsvolle Atmosphäre, viele Frauen weinten. Aber letztlich wurde klar, dass Frau Baumgarten ihren Verlust überwunden hat und nun hofft, Martins Erbe bewahren zu können, vielleicht sogar anderen Frauen in einer solchen Situation Mut zu machen.

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Zwischen den Vorträgen gab es übrigens Zeit, sich im Ausstellerraum umzusehen, wo es Stände von motherhood e.V., Lansinoh, Ardo und einigen anderen Firmen gab. Hier konnte man sich den Tag ganz toll vertreiben! Außerdem gab es an beiden Tagen die Möglichkeit, Fotos schießen zu lassen.

Am Sonntag sprach Frau Dr. Inés Brock über Geschwisterkinder und erläuterte, was ein Familienzuwachs für die Kinder und Eltern bedeutet. Der Vortrag war sehr interessant und ich konnte im Hinblick auf meine eigene Schwangerschaft einige Fragen klären. Frau Dr. Brock erklärte, dass Geschwisterkinder vor allem im sozialen Hinblick und Umgang miteinander Vorteile gegenüber Einzelkindern hätten und auch wir Eltern profitieren von einer größeren Kinderzahl. Kinder lernen nämlich sehr viel von einander und so benötigt es viel weniger Intervention und Unterstützung in den einzelnen Lernprozessen.

Darauf folgte der Vortrag von Frau Dr. Heike Wolter. Dieser Vortrag war der wohl für mich wichtigste am ganzen Wochenende. Sie sprach nämlich vom Verlust ihrer Tochter Lilly und davon, wie Betroffene und Außenstehende durch eine Trauersituation gehen können, ohne daran zu zerbrechen. Für mich war der Vortrag deshalb so interessant, weil ich selbst mein Baby im Mai verloren habe und mich daher selbst zum Kreis der Betroffenen zähle. Frau Dr. Wolter sprach davon, dass es wohl keinen Unterschied mache, ob man sein Kind in der fünften, 12. oder 40. Schwangerschaftswoche verliert, auch nicht, ob man es nur wenige Stunden oder Tage bei sich hat, bevor es verstirbt, denn letztlich ist es doch alles eins: der Verlust des geliebten Kindes.

There is no footprint too small, that it cannot leave an imprint on this world.

Sie erläuterte uns die verschiedenen Phasen der Trauer, wies auf rechtliche Probleme hin und erklärte, dass es wichtig ist, sich bei der Trauer nicht zeitlich unter Druck zu setzen. Aber vor allem gab sie all den Betroffenen eines: Mut. Viele Frauen haben auch während dieses Vortrages geweint. Ich bin froh, nach meiner Fehlgeburt (wenn ihr darüber lesen wollt, könnt ihr das hier und hier) diesen Vortrag besucht zu haben und werde mir bestimmt eines der Bücher von Frau Dr. Wolter zulegen.

Den letzten Vortrag an diesem Sonntag habe ich nicht besucht.

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Ich freue mich sehr, beim Kölner GeburtsTag dabei gewesen zu sein. Die Vorträge waren allesamt sehr interessant. Die Diskussionsrunden nach den Vorträgen haben zudem weitere Anregungen und die Möglichkeit sich auszutauschen gegeben. Auch in der Örtlichkeit habe ich mich sehr wohl gefühlt, denn das Tante Astrid hat eine sehr schön Atmosphäre. Vielen Dank an die drei tollen Frauen, die dieses Wochenende ehrenamtlich über einen langen Zeitraum geplant haben und all ihr Herzblut reingesteckt haben. Es war schön bei euch!

Alles Liebe,
eure Jasmin