Wir wissen alle, was Wutanfälle sind, und wie extrem stressig sie sein können richtig? Und obwohl sie zum Leben mit Kindern irgendwie dazu gehören – insbesondere häufen sich diese Wuntanfäll bei Zwei- bis Vierjährigen, dem  Trotzalter – kann es schwer für uns Eltern werden, diese Wutanfälle gut zu begleiten. Schreien, weinen, hauen, treten, sich auf den Boden werfen – das kennen viele Eltern. Oft haben wir das Gefühl, dass Kinder genau dann so sind, wenn wir uns beobachtet fühlen, etwa im Supermarkt an der Kasse, mitten auf der Straße oder beim Bäcker. Aber warum ist das eigentlich so? Und kann man diese Wutausbrüche umgehen?

Viele werden nun vielleicht denken: ihr lebt doch aber bedürfnisorientiert. Wie können deine Kinder da Wutanfälle haben, wenn du doch die Bedürfnisse deiner Sprösslinge immer sofort erfüllst? Nun, so einfach ist das nicht. Ich habe vor kurzem erst einen Beitrag zu bedürfnisorientierter Erziehung geschrieben und darin auch erklärt, dass es nicht nur um die Bedürfnisse der Kinder geht, sondern viel mehr um die ALLER Familienmitglieder. Das heißt im Umkehrschluss, dass durchaus auch mal ein Bedürfnis der Kinder unerfüllt sein kann, weil ich mein Bedürfnis voranstelle. Oder aber, dass sie Regeln nicht befolgen, die uns aber sehr wichtig sind und wir dann einschreiten müssen. Im Supermarkt einfach alles in den Wagen packen, was man toll findet ist meiner Meinung nach zum Beispiel kein Bedürfnis und schmälert noch dazu unsere Haushaltskasse extrem. Also erkläre ich und nehme die Dinge wieder heraus. Aber das kann schon auch zu Frust führen und am Ende schreit das Kind, weil es jetzt die Blutorange aber „unbedingt haben will!“. Was kann ich also tun, wenn mein Kind so gefrustet ist? Was ist im Rahmen unserer bedürfnisorientierter Elternschaft? Wie kann ich es vermeiden, mein Kind anzuschreien?

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Die Ursache

Widmen wir uns zunächst der Frage nach dem Warum. Kinder zwischen zwei und vier Jahren haben oft extreme Gefühlsausbrüche, sie möchten sich Gehör verschaffen und sind häufig sehr laut und sehr wütend. Das stresst uns als Eltern enorm, da wir uns in dem Moment oft hilflos fühlen, uns vielleicht der Gefühlsausbruch sehr unangenehm ist. Aber ich kann dich beruhigen: es ist normal. Ganz egal, wie sehr dein Kind tobt und schreit, es ist normal. Und mehr noch: es ist sogar gut für die Entwicklung. Kinder lernen in dieser Entwicklungsphase, selbstständig, autonom zu werden. Das heißt, dass sie beginnen zu begreifen, dass sie eine eigene Persönlichkeit sind, unabhängig von den Eltern und dass sie Dinge allein tun können. Vielleicht hast du bemerkt, dass dein Kind versucht, immer mehr Dinge allein zu tun, das ist typisch für die Autonomiephase. Morgens möchte es vielleicht die Socken anziehen, es möchte allein sein Brot mit Butter bestreichen, es nimmt selbstständig Teller aus dem Regal – und möchte, wie in unserem Beispiel, beim Einkaufen helfen. Oft gelingen diese Dinge schon gut und das Kind freut sich, aber oft besitzen sie noch nicht ausreichend Fähigkeiten, um etwas allein zu tun. Das sorgt dann für Frust, denn das Kind MÖCHTE es so sehr, KANN es aber schlicht nicht. Und das kann zu einem Gefühlsausbruch führen. Kinder werden wütend, wenn sie sich nicht verstanden fühlen, wenn sie Aufmerksamkeit möchten und diese gerade offenbar nicht anders bekommen oder, wenn sie etwas nicht so schaffen, wie sie es gern möchten. Es gibt viele Gründe. Ein Wutanfall ist Ausdruck dieser Frustration. Es ist also per se erst mal nicht schlecht, wenn dein Kind lautstark herumwettert. 

Das Problem ist, dass man als Außenstehender oft gar nicht genau weiß, was nun zu diesem Wutanfall geführt hat und das Kind aber gleichzeitig auch nicht in der Lage ist, sich mitzuteilen. Denn das Gehirn stellt auf Kampfmodus. Das Kind KANN gar nicht gleichzeitig reflektiert handeln UND wütend sein. Deshalb müssen wir als Eltern versuchen, es in diesem Moment so gut es geht zu begleiten. Was also kannst du konkret tun, wenn dein Kind sich im Wut-Modus befindet?

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Ruhig bleiben

Wenn die Gefühle hochkochen und unser Kind von ihnen übermannt wird, ist es schwer, nicht in dieses Gefühlschaos mit einzusteigen. Dabei ist das so wichtig. Wir müssen versuchen, unserem ersten Instinkt, zurück zu schreien, zu trotzen. Stattdessen lieber ganz tief durchatmen, ruhig bleiben. Wenn wir selbst in einer solchen Situation auch noch aufbrausend sind, hilft es keinem der Beteiligten weiter und am Ende haben alle schlechte Laune. Wenn es unmöglich ist, ruhig zu bleiben, kannst du versuchen, leise zu sprechen, denn wenn du schreist, wird dein Kind nur frustrierter. 

Mach dich frei

Es ist auch ganz normal, dass es furchtbar anstrengend für dich ist, wenn dein Kind Minuten lang schreit und haut und Sachen herumwirft, sich auf den Boden schmeißt oder was auch immer. Du fühlst dich hilflos, weißt nicht, was du tun kannst, um die Situation zu entschärfen. Und dann sind da die Andere, die ganz interessiert schauen, wie du denn nun reagieren wirst. Die darauf warten, dass du die Situation, dein Kind in den Griff bekommst. 
Aber davon MUSST. DU. DICH. FREIMACHEN! Lass dir gesagt sein, dass du für die Anderen gar nicht richtig reagieren kannst. Reagierst du wütend, werden sie sich fragen, warum du dein Kind anschreist. Reagierst du mit Verständnis und hältst die Wut mit deinem Kind aus, bist du zu weich. Also sage ich dir: tu das, wobei DU weißt, dass es das Richtige für EUCH ist. Stell dir vor, dass du mit deinem Kind unter einer schalldichten Glaskugel sitzt und keiner euch hören kann. Ganz sicher: das hilft. 

Augenhöhe

So banal es klingen mag: begib dich auf Augenhöhe. Knie dich zu deinem Kind hinunter, schau es an. Nimm Blickkontakt auf und wenn es es zulässt auch Körperkontakt. Du wirst sehen, dass es einfacher ist,mit deinem Kind zu kommunizieren, wenn ihr nicht nur gleichwürdig im Umgang miteinander seid, sondern euch auch in physisch auf einer Ebene befindet.

Verständnis zeigen 

Mach dir bewusst, dass dein Kind gerade nicht absichtlich wütend ist. Es möchte dich mit seinem Verhalten nicht ärgern, sondern befindet sich in emotionaler Not. Es hilft, wenn du dir bewusst machst, dass dein Kind gerade deine Hilfe benötigt, damit es sich aus seiner misslichen Gefühlslage befreien kann. Dein Kind braucht also jemanden, der es versteht. Jemanden, der sein Bedürfnis wahrnimmt und sich verständlich zeigt. Versuche also, die Quelle des Wutanfalls zu verstehen. War dein Kind schläfrig? Hungrig? Vielleicht gab es etwas, was er oder sie wollte? Nachdem du den Grund für den Wutanfall verstanden hast, versuche, dich in dein Kind hineinzuversetzen. Ein kleiner Perspektivwechsel ist oft hilfreich. „Ich habe gesehen, dass du die Blutorange in den Wagen legen wolltest. Wir brauchen sie aber nicht, wenn du mir so gern helfen möchtest, darfst du gern den Käse holen.“ Aber auch, wenn du die Ursache nicht kennst, ist das nicht schlimm. Es ist vollkommen okay, wenn dein Kind nicht allein ist und du einfach nur da bist.  „Ich sehe, dass du wütend bist. Was kann ich tun, damit du dich besser fühlst?“ So lernt dein Kind, dass alle Gefühle sein dürfen und dass es so sein darf, wie es ist.

Artikulation der Situation

Gib deinem Kind Worte für seine Gefühle, so wird ihm gezeigt, dass du seine Gefühle wahr nimmst und es wird mit der Zeit lernen, seine Gefühle in Worte zu fassen. Versuche zu benennen, wie es sich fühlt. „Oh Schatz, du bist gerade aber wütend!“ „Ich sehe, dass du traurig bist. Da darfst du ruhig weinen.“ „Ich weiß, dass du dich gerade ungerecht behandelt fühlst. Beim nächsten Mal können wir vielleicht einen besseren Kompromiss finden.“ Nicht immer wird dein Kind sofort verstehen, was du sagst. Aber mit der Zeit wird es lernen, kleine Gefühlsnuancen besser zu deuten und diese zu artikulieren. Das kann aber dauern. Also bleib geduldig.

Situationswechsel

Wenn du dich in einem Wutanfall sehr beobachtet fühlst oder merkst, dass die Umgebung dein Kind gerade zusätzlich stresst (lautes Kaufhaus, viel befahrene Straße,…), dann hilft es, wenn du dich mit deinem Sprössling erst mal aus der Situation herausnimmst. Sucht euch einen geschützteren, ruhigeren Ort, an dem du auch entspannter mit dem Gefühlschaos deines Kindes umgehen kannst. Es ist nicht förderlich, wenn du selbst so gestresst bist, dass du gar nicht klar denken kannst, vielleicht weil du Angst hast, dass dein Kind gleich auf die Straße rennt oder das nächste Supermarktregal umschmeißt. 

Alternativen anbieten

Angestauter Frust muss raus. Da hilft es nichts, das Kind irgendwie zu besänftigen oder zu bestechen, damit es ruhig ist. Bei der nächsten Situation wird das Kind sonst wieder eskalieren. Daher ist es ratsam, sich Strategien zu überlegen, wie das Kind seinen angestauten Frust ablassen kann, ohne dabei andere zu verletzen oder anderweitig zu gefährden. Manchmal hilft es, dem Kind ein Kissen anzubieten, das es verhauen darf, oder es darf die Aggressionen in den Boden stampfen. Ich biete Samuel ab und zu an, dass er so fest er kann gegen meine Hände schieben soll, so dass er mich quasi wegschiebt. Dadurch geht enorm viel Energie schon verloren und er kommt etwas runter. Versucht das mal, es ist wirklich verblüffend, wie anders die Situation danach schon aussieht.

Mach dir unbedingt bei jeder dieser extrem schwierigen Situationen klar, dass dein Kind dich gerade braucht. Überlege kurz, ob du gerade in der Lage bist, die Situation auszuhalten und reagiere dann. Ganz wichtig dabei: DU bist gut. Dein Kind ist gut. Du bist der Leitwolf, den dein Kind gerade braucht. Du schaffst das!
Und zum Schluss möchte ich dir sagen: jeder Wutanfall macht dich stärker als Mama, macht euch stärker als Team. Denn ihr lernt, dass Gefühle wichtig sind und ihr in eurer Beziehung offen mit ihnen umgehen könnt, ohne euch zu verstellen. Dein Kind lernt, dass es seinen Eltern vertrauen kann, dass ihr es akzeptiert und liebt, auch wenn es mal ganz durcheinander ist.

Ich hoffe, du bist nun Dank meiner Tipps bereit, dem nächsten Wutanfall deines Kindes entspannter zu begegnen. Welche Strategien wendest du an, wenn dein Kind im Gefühlschaos steckt? Teile sie uns in den Kommentaren mit!

Alles Liebe, 
Jasmin