Täglich teilen wir Fotos, Texte, Bilder, Momente in den sozialen Medien, immer darauf bedacht, möglichst viele Daumen hoch, Likes zu bekommen. Es häufen sich Weichspülerprofile, die das happy life suggerieren. Ein #whiteliving Profil folgt dem nächsten und überall herrscht heile Welt. Zumindest scheint es so. Denn was man bei Facebook und Co. sieht, was wir dort sehen, du und ich, ist oft nur gestellt oder ein kleiner Ausschnitt von Perfektheit aus einem ziemlich unperfekten großen Ganzen. Diese geleckte Scheinwelt in den sozialen Medien lässt uns Normalsterbliche die Definition von Glück ins Unermessliche steigern.

Scrolle ich durch meinen Feed bei Instagram, sehe ich Mamas, die den Alltag locker flockig aus dem linken Handgelenk wuppen, drei mal die Woche zum Sport gehen und sich low carb ernähren, die Kinder immer mit einem Lächeln im Gesicht und der Partner immer zuvorkommend mit dem wöchentlichen Strauß Schnittblumen vom Wochenmarkt in der Hand #supersweet – aber für mich zur Zeit auch so oft #zumkotzen. Nicht die Profile machen mir miese Laune, sondern das was sie suggerieren – oder viel mehr mein Unvermögen im Augenblick des Betrachtens zu differenzieren, dass das nur Schein und nicht Sein ist. Ich bin angepisst, ehrlich angepisst. Denn mit mir macht das was. Ich sehe all das Glück und die perfekten Leben und stelle meines dadurch in Frage. Ja, mein kleines Großstadtleben mit Kinderlachen und Familie und Studium. Verrückt, oder? Aber ja, ich stelle es in Frage. Denn ich bin die, die gern jeden Tag frisch kochen würde, es manchmal aber einfach nicht schafft. Ich bin die, der der Reis anbrennt, weil das Baby gestillt werden und der große Bruder ein Buch lesen will und ich mich nicht vierteilen kann. Ich bin die, die nach ner scheiß Nacht nicht top gestlyt durchs Viertel läuft. Ich bin die, die oft weinend da sitzt, weil zwei Kinder einfach richtig anstrengend sind und mir manchmal alles zu viel wird. Die verheult mit verschmierte Mascara unter die Bettdecke kriecht, weil der Tag einfach nicht enden will. Die morgens manchmal schon mit mieser Laune aufsteht, weil Berge von Wäsche zu erledigen sind und die Einkaufen einfach kacke findet. Ja, wenn ich dann diese Scheinwelt betrachte, fühl‘ ich mich scheiße, bin mir selbst nicht mehr gut genug.

Das Problem ist, dass mir durch dieses Trugbild in sozialen Medien suggeriert wird, dass ICH was FALSCH mache, ’ne schlechtere Mutter bin, ’n beschisseneres Leben habe. Finde ich dann übrigens gar nicht mehr so social, echt jetzt!
Der Clou ist: diese perfekten Fotos zeigen vielleicht eine lachende Familie, nicht aber, dass das Kind zwei Minuten später den Trotzanfall des Todes hatte. Sie zeigen eine Mama, die in die Kamera lächelt, obwohl sie sich vielleicht gerade mit ihrem Mann gestritten hat. Sie zeigen tolle Kleidung und Produkte, vielleicht sogar ein geiles Haus, obwohl alles nur auf Pump gekauft wurde. Und sie zeigen nicht, dass jeder mal mit der Situation überfordert ist. Was man auf den Bildern nicht sieht, sind die nervigen Alltagsdinge – weil die halt scheinbar keiner sehen will. Was wir bei unserem ganzen Selbstzweifel oft vergessen: die Bilder sind ein Ausschnitt aus dem Alltag, eine Momentaufnahme, Millisekunden. Was drum herum passiert, wissen wir nicht.

Wir. wissen. es. nicht. Wir wissen es schlichtweg einfach nicht. Vielleicht war der Sonntag Morgen von Familie Müller wirklich so idyllisch. Vielleicht hat die kleine Karla aber auch Salami durch die Küche geworfen und die Milch über das Baby gekippt, während der Papa ’n Kater vom Vorabend hat und genervt von den fiesen Kopfschmerzen ist.
Was ich sagen will: ihr seid toll. Nein, wir sind toll. Alle. Lasst uns ein bisschen weniger Selbstzweifel haben und zufrieden sein mit dem was wir sind. Und es ist okay, nicht immer nur gute Laune zu haben. Seid nicht zu hart zu euch und euren Mitmenschen. Mehr Selbstliebe ohne egozentrischen Schmarrn, das haben alle verdient.

Alles Liebe,
eure Jasmin