Workingmoms und Studimoms sind Supermoms?!

Schon während der Schwangerschaft hatte ich eine klare Vorstellung, wie die (nahe) Zukunft aussehen soll. Da es eine geplante Schwangerschaft war, hatten wir diese konkreten Vorstellungen sogar eigentlich schon vorher, aber so richtig schmückt man es sich ja doch erst aus, wenn der Moment da ist und man den positiven Test in den Händen hält. Ich bekam Samuel während der Semesterferien vor Beginn des Wintersemesters. Ab dem Zeitpunkt der Geburt hatte ich ziemlich genau zwei Monate Zeit, bis die Uni wieder losgehen sollte.

Finanzierung
Jung Eltern zu werden, ist in der heutigen Gesellschaft (leider) nicht mehr so verbreitet. Aber jung Eltern zu werden, wenn BEIDE Elternteile studieren ist noch seltener. Man hat kein festes Einkommen, in der Regel keine Rücklagen, dafür aber monatliche Ausgaben und oft einen Studienkredit, den man abbezahlen muss.

Für Studierende mit Kind bietet der Staat bislang keine Unterstützung. Wenn der Partner dann nicht arbeitet, sondern ebenfalls studiert, sieht man ganz schön alt aus! Man bekommt lediglich Elterngeld (meist nur den Mindestsatz von 300€), das Mutterschaftsgeld fällt oft weg (da man vorher nicht gearbeitet hat, weil man ja studiert) und das Kindergeld. Wer BaföG berechtigt ist, bekommt von dieser Seite einen leicht erhöhten Satz (113€). Man muss kein Mathegenie sein, um auszurechnen, dass das eine ganz schön knappe Kiste ist! Ohne den Nebenjob meines Mannes wären wir vermutlich (noch) nicht Eltern geworden.

Foto von Savvy/Flickr

 

Wir haben uns aber trotz diesen schweren Standes bewusst FÜR ein Kind entschieden. Ich wollte einfach nicht länger warten, denn ich hatte bereits früh einen intensiven Kinderwunsch, der immer konkreter wurde. Wir leben aktuell nicht im Überfluss, aber wenn man gut mit dem zur Verfügung stehenden Geld haushaltet, kommt man auch mit Kind ganz gut über die Runden. Wir haben die Devise: Was braucht ein Kind um glücklich zu sein, außer ein Dach über dem Kopf, etwas zum Anziehen und zu essen und gaaaaaanz viel Liebe? Richtig. Höchstens noch mehr Liebe. Aber das geht wohl kaum 🙂 !
Motivation
Aber erstmal von vorn. Was motiviert mich eigentlich?
Ich war mir sicher, dass ich unbedingt mit dem Studium „voran kommen“ wollte und zumindest ein paar Veranstaltungen besuchen wollte – soweit das Baby das zulässt (hier muss man natürlich immer den Charakter des Babys im Hinterkopf behalten – ein unruhiges Baby macht sich bei den Kommilitonen /innen und Dozenten/innen eher unbeliebt). Man möchte ja auch irgendwann mal im studierten Beruf arbeiten. Den Bachelor habe ich in der Schwangerschaft und in den ersten Lebenswochen von unserem Schatz abgeschlossen. Da ich auf Lehramt studiere (Fächerkombi Deutsch und Englisch) muss ich aber noch den Masterstudiengang und das Referendariat absolvieren.
Ich bin eher der Typ Mensch, der mal gerne einen Nachmittag auf der Couch verbringt und nichts tut. Aber das ist eben der Punkt. EINEN Nachmittag. Denn spätestens dann muss ich raus und etwas unternehmen. Ich brauche sowohl die Bewegung als auch die „geistige Forderung“, sonst bin ich ganz schnell unausgeglichen und gehe allen in meinem näheren Umfeld auf die Nerven!
Außerdem möchte ich nicht den Anschluss an mein vorheriges Bachelor-Studium verlieren. Inhaltlich baut vieles auf den Bachelor auf und mit einer längeren Pause stelle ich es mir nicht nur schwierig vor, sich wieder in die Thematik einzuarbeiten, sondern auch das System „Lernen“ wieder für sich zu entdecken – sich zu konzentrieren usw.
Planung
Bei der Stundenplangestaltung (wir wählen unsere Veranstaltungen selbst aus und „bewerben“ uns dann um einen Platz) entschied ich mich für eine Hand voll Veranstaltungen. Ob Vorlesung oder Seminar spielte dabei für mich vorerst keine entscheidende Rolle, es würde ja sowieso beides Neuland sein mit Baby. Ich plante meine Veranstaltungen also so, dass ich mindestens zwei Tage in der Woche Uni-frei habe, so bleibt noch genug Zeit für andere Dinge (Babykurse, Rückbildung, Mama-Zeit, etc). Problematisch bei der Planung war allerdings, dass wir noch keinen festen Still- oder Schlafrhythmus haben, so dass ich beispielsweise Veranstaltungen während der Schlafphase hätte belegen können. Daher war die Planung eigentlich eher ein munteres aneinander Reihen von Vorlesungen und Seminaren. Neben den Veranstaltungen unter der Woche habe ich an ein paar Samstagen noch eine Blockveranstaltung.
Samuel im Blockseminar auf der Krabbeldecke
Foto in der Pause entstanden
Natürlich muss man bedenken, dass ich jede Woche die Veranstaltungen vorbereiten muss. Ich muss wissenschaftliche Texte lesen und durch mein Germanistikstudium auch die ein oder andere Lektüre – Schiller, Lessing, sowie Autoren aus dem Mittelalter lassen grüßen! Nach den Seminaren versuche ich, den erarbeiteten Stoff nochmal nachzubereiten, um am Ende des Semesters das Lernpensum etwas zu verringern. Dort werde ich eine Klausur und eine mündliche Prüfung ablegen.
Zu allen Veranstaltungen nehme ich Samuel mit. Je nach dem was wir im Anschluss vor haben passiert das entweder im Kinderwagen oder im Tragetuch.
Reaktionen
Bislang sind die Reaktionen auf uns sehr positiv. Die Studenten sind (bislang) nicht genervt, falls Samuel mal kurz ein paar Laute von sich gibt und wenn er mal richtig weinen sollte, verlasse ich einfach den Raum mit ihm bis er sich wieder beruhigt hat. Oft bekomme ich sogar Zuspruch, dass das leise Meckern gar nicht als störend empfunden wird. Auch die Dozenten sind sehr verständnisvoll und versuchen so gut es geht auf mich einzugehen (ich darf zum Beispiel bei einer Blockveranstaltung, die immer über mehrere Stunden geht, zwischendurch nach Hause gehen falls Samuel sehr unruhig werden würde) – bis auf ein Exemplar, welches mich fragte, ob ich „DEN jetzt immer mitbringen“ will. Das stößt bei mir auf Unverständnis! Davon versuche ich mich jedoch nicht beirren zu lassen und ruhig zu bleiben.
Außerdem kann ich mich bei Problemen jeder Zeit an den Asta wenden – die schreiben beispielsweise Mails an die Dozenten, wenn es Probleme wegen der Mitnahme von Samuel geben sollte.
Ablauf

Momentan habe ich das große Glück, dass Samuel noch viel schläft und deshalb auch oft in den Veranstaltungen ganz ruhig schlummert.

Der Kinderwagen steht direkt neben mir und kann durch die gute Federung einfach ein bisschen geruckelt und geschuckelt werden, wenn ich merke, dass das Baby langsam wach wird. Oft schläft es dann noch ein bisschen weiter.Wenn Samuel aufwacht und ruhig ist, lasse ich ihn einfach liegen und rumgucken, wenn er meckert, nehme ich ihn raus. Oft ist er damit erstmal zufrieden. Wenn er gestillt werden möchte, passiert das während des Seminars einfach simultan mit dem Mitschreiben. Ich versuche natürlich so gut es geht einen Platz am Rand zu wählen und das möglichst diskret zu tun, da ich ja auch nicht möchte, dass 30 (Seminar) -500 (Vorlesung) Studenten/innen mir auf die Brust gucken.

Wenn ich Samuel im Tragetuch habe und er gestillt werden möchte, nehme ich ihn dazu übrigens nicht raus, sondern lockere lediglich das Tuch und stille ihn darin. Das erfordert ein wenig Übung und hat bei uns nicht gleich geklappt. Wenn er getrunken hat, kann ich das Tuch einfach wieder festzurren.Währenddessen ist meine Aufmerksamkeit natürlich immer ein Stück weit geteilt – die eine Hälfte versucht sich zu konzentrieren, mitzuschreiben und aufmerksam zu sein, die andere Hälfte meines Körpers ist damit beschäftigt, auf das Baby aufzupassen.

 Schwierigkeiten
Alles wovon ich hier berichtet habe, klingt nun sehr leicht und einfach. Natürlich habe ich großes Glück und will mich nicht beschweren – denn grundsätzlich klappt alles recht gut. Aber es gibt eben auch Tage, an denen das alles gar nicht gut läuft.
Manchmal fühle ich mich überfordert, bin müde (nein, mein Baby schläft nachts nicht durch, sondern will alle drei Stunden gestillt werden!) oder habe schlichtweg keine Lust auf Unialltag (auch ich möchte einen schönen Herbsttag mit meinem Neugeborenen genießen statt in der Uni zu sitzen). An diesen Tagen fällt es mir besonders schwer, mich aus dem Bett zu quälen, mich rechtzeitig fertig zu machen und pünktlich im Seminarraum auf der Matte zu stehen.
Auch das intensive Lesen der vielen Texte in Vorbereitung auf die Seminare fällt mir schwer – oft lese ich nur einen Teil der nötigen und geforderten Textmenge, was natürlich das Mitarbeiten und Mitdenken in den Seminaren erschwert. Auch hier gilt: manchmal habe ich keine Zeit alles zu lesen und manchmal „nur“ keine Lust bzw. bin viel zu müde. Aber ich versuche, mich selbst zu motivieren und mir vor Augen zu führen, wofür ich das alles tue (mich) und was es mir später nutzen (ein unabhängiges Leben) und ermöglichen wird.
lernen mit Baby auf dem Arm
Tipps
Um mir den Alttag mit Partnerschaft, Kind und Uni zu erleichtern, versuche ich mich an 5 Regeln entlangzuhangeln:
  1. Prioritäten setzen: Ich mache mir klar, was mir wichtiger ist. Der (endlich mal mögliche) kuschel-Abend mit meinem Mann oder der Text, den ich für das Seminar vorbereiten muss? Den Boden zu wischen, mit Samuel spielen oder sich die Inhalte des vergangenen Seminars vor zwei Tagen nochmal anschauen?
  2. Ziele setzen: Wenn du weißt,wohin du willst, ist der Weg dorthin einfacher und lässt sich strukturieren. Will ich die Klausur am Ende lediglich bestehen oder auch eine gute Note haben? Entsprechend steigt der Arbeitsaufwand.
  3. Organisation: Es gibt nichts über eine gute Organisation! Ich plane, wann ich Zeit habe, Texte zu lesen, Seminare nachzuarbeiten und Folie auszudrucken.
  4. Unterstützung suchen: Ich frage meinen Mann, ob er Zeit hat, sich um Samuel zu kümmern. Wenn das Baby nicht schläft aber bespaßt werden will und ich lernen muss, passt das nicht zusammen. Samuels Oma hat sich ebenfalls angeboten.
  5. Entspannen: Zwischen all der Anspannung, dem Alltag und dem Unistress ist es wichtig, auch mal runter zu fahren und alles liegen zu lassen. Mich nur auf mich zu konzentrieren. Das kann ein heißes Bad, ein gutes Buch oder der Fernseher sein, von dem ich mich berieseln lasse.

 

Um auf den Anfang zurück zu kommen: sind working moms supermoms? – sie leisten unglaublich viel, müssen neben der Arbeit auch zu 100% für das Baby/ Kind da sein. Aber irgendwie sind wir doch alle supermoms, oder? Die eine arbeitet, die andere studiert, die dritte ist Alleinerziehend und die vierte schmeißt locker den Haushalt, hat um 19 Uhr pünktlich das Abendessen frisch und gesund gekocht und schuckelt mit der anderen Hand das Baby. Kurz: Ihr seid alle klasse!!! WIR sind alle klasse!