Fehlgeburten sind unglaublich häufig – jede dritte Schwangerschaft ist eine Missed Abortion. Aber das heißt nicht, dass diese Situation leicht zu bewältigen ist. Wenn du selbst oder eine Freundin eine solche Erfahrung machen, ist das Umfeld oft hilflos. Weiß nicht, wie es reagieren soll. Das ist wahrscheinlich auch die Ursache, dass noch so selten darüber gesprochen wird – Frauen mit einer Fehlgeburt haben Angst vor der Reaktion. Oft bekommen sie, vor allem bei frühen Fehlgeburten ein „Dann probiert es doch noch mal!“ „Es war doch nur ein Zellhaufen!“ „Bestimmt war es behindert!“ oder „Stell dich nicht so an!“ entgegengeschmettert. Das ist verletzend. Um diese Tatsache wissend, sagen aber viele Freunde von Betroffenen gar nichts. Besser nichts sagen, als etwas Falsches, oder? Aber das ist auch nicht hilfreich, denn oft fühlen sich die Mütter dann im Stich gelassen.

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Was solltest du also einer Freundin sagen, die gerade die Nachricht bekommen hat, dass sie ihr Baby verloren hat? Was kannst du tun, damit es ihr besser geht?

1. Echtes Verständnis

Ich habe selbst in der achten und elften Woche ein Baby verloren und weiß daher aus der Sicht der Frau, wie sich ein solcher Verlust anfühlt. Er reißt dir den Boden unter den Füßen weg, zieht dich in ein Loch und macht dich oft einfach nur leer. Denn ganz egal, ob du dein Baby früh oder spät verlierst, es ist dein Kind, auf das du dich gefreut hast und das du nun nicht bei dir haben kannst. Wenn das Umfeld diese Tatsache versteht und respektiert, ist bereits ein erster Schritt getan. 
Denke also daran, wenn du mit deiner Freundin sprichst, dass für sie die Situation schlimm ist und nicht nur eine Lapalie, auch wenn sie sich noch an einem ganz frühen Punkt in der Schwangerschaft befunden hat. Auch wenn sie vielleicht nicht den Herzschlag des Kindes sehen konnte und da nur ein kleiner Pinkt war. Es schmerzt sie.

2. Unterstützung heraussuchen und ggf. Kontakt herstellen

Wichtig ist, dass die Frau jemanden hat, an den sie sich wenden kann. Jemanden, der sie in der Trauer auffängt, sie eventuell medizinisch und psychologisch begleitet. Ein gutes Netzwerk erleichtert es, mit dieser intensiven Erfahrung fertig zu werden. Das können Onlineblogs von Sterneneltern sein, Foren mit Erfahrungsberichten oder eine Sternenfotografin. Eine Hebamme, auf die jede Frau Anspruch hat, oder ein Netzwerk an Freunden, die für die Betroffene da ist. 

3. Da sein

„Dein Verlust tut mir leid. Ich bin für dich da.“ Ein Satz, der oft gesagt wird, aber selten von der Betroffenen ernst genommen wird – weil es oft eine Floskel ist. Mach deiner Freundin klar, dass sie wirklich auf deine Unterstützung zählen kann. Dass nächtliche Anrufe oder ein Treffen bei dem ihr nur neben einander sitzt und du ihre Hand hältst okay sind.

Je einfacher und offener dein Abgebot dabei ist, desto mehr vermittelst du Empathie. Du lässt damit Raum für ihre Trauer und redest sie nicht mit blöden Floskeln klein. Betroffene Frauen wollen einfache, liebevolle Worte hören. Eine kurze Nachricht mit „Ich denke an dich.“ oder einem „Du kannst immer anrufen!“ kann oft schon ein wenig Schwere nehmen. 

Ich habe beispielsweise an einem Morgen eine Nachricht von einer Freundin bekommen: „Ich habe gestern für dich gebetet. Du warst in meinen Gedanken – wie fühlst du dich heute?“ Eine solche Nachricht vermittelt deine Fürsorge und Sorge um das Wohlergehen der Betroffenen. Solche lieben kleinen Nachrichten bedeuten keinen großen Aufwand, aber können einen Anker für deine Freundin darstellen. Indem du ihr erlaubst, zu trauern, ihr zugestehst, wütend und scheiße drauf zu sein, bist du für sie da. Hältst die Situation gemeinsam mit ihr aus.

Sehe davon ab, deiner Freundin deine eigenen Gefühle oder Überzeugungen aufzwingen. Du musst dich gar nicht in die Situation hinein fühlen, sondern einfach nur da sein.

4. Hilfe anbieten

In den ersten Tagen oder Wochen fallen Trauernde oft in eine Schockstarre bis sie die Wucht der Trauer richtig trifft. Biete deine Hilfe bei alltäglichen Dingen an, um die Familie zu unterstützen. Du kannst zum Beispiel einkaufen gehen, den Haushalt machen, etwas leckeres zu essen kochen oder bei anderen Dingen helfen.

5. Zeit geben

Trauer kennt keine Zeit. Gib deiner Freundin die Zeit, die sie braucht. Lass sie trauern, solange sie es möchte und gib ihr aber auch die Zeit, sich für ein Gespräch zu öffnen. „Ich möchte, dass du weißt, dass wir jederzeit darüber sprechen können, wenn du magst. Ich bin da. Ich bin immer hier. Aber wenn du das nicht möchtest, können wir auch einfach nur hier sitzen und schweigen.“ Wenn du merkst, dass sich deine Freundin auch nach Monaten nicht öffnen mag, kann es helfen, genauer hinzusehen und abzuwägen, ob es ihr auch ohne dieses Gespräch einigermaßen gut geht. Denn manchmal ist es wirklich wichtig, über die Trauer zu sprechen, aber hier musst du behutsam und einfühlsam sein. Es soll nicht darum gehen, in den Wunden zu bohren, die Trauer anzustochern, sondern es geht darum, echte und liebevolle Unterstützung zu vermitteln, bei der Trauerbewältigung zu helfen.

6. Perspektivwechsel

Wenn es dir immer noch schwer fällt, die richtigen Worte in Gegenwart deiner Freundin zu finden, überlege dir, was du in einer solchen Situation wollen würdest. Was dir gut tun würde. Studien zeigen, dass Frauen nach einem Schwangerschaftsverlust dazu neigen, sich selbst die Schuld zu geben, Schuldgefühle und Schamgefühle zu empfinden. Mit dem Wissen über diese Schamgefühle nach einem Verlust kannst du selbst erahnen, was Betroffenen gut tun könnte und ihnen vielleicht sogar helfen, in dieser schwierigen Zeit das Leben wieder in den Griff zu bekommen. Zeige deiner Freundin, wie wichtig sie dir ist. Sage nur das, was du auch zu dir selbst in einer solchen Situation sagen würdest.

Wenn du merkst, dass das alles zu viel für dich ist und du mit dem Thema nicht umgehen kannst, kommuniziere es. Deine Offenheit wird deiner Freundin mehr helfen, als deine Unsicherheit zu spüren.

7. Schütze sie vor unsensiblen Übergriffen

Ebenso wichtig wie die richtigen Dinge in dieser Zeit zu sagen, ist es, Worte zu vermeiden, die zwar gut gemeint sind, aber inmitten von Verlusten schmerzhaft sein können. Und noch besser ist es, deine Freundin vor allen unsensiblen Übergriffen dieser Art zu schützen. 

„Schau nach vorne.“ Genau das fällt einer Mutter schwer, die ihr Kind verloren hat.

„Du musst richtig fertig sein.“ Ja, verdammt. Das weiß Diejenige selbst, es hilft nicht weiter. Höre stattdessen lieber zu, wie die Person sich wirklich fühlt.

„Wenigstens weißt du, dass du schwanger werden kannst!“ Deine Freundin freute sich auf DIESES Baby. Sie wird niemals wissen, wie es gewesen wäre, wie es ausgesehen hätte. Sie trauert um DIESES Baby. Diese Aussage ist deshalb oft nur verletzend und richtig daneben. Sie ist auch nicht weiter gedacht, denn nicht immer kann eine Frau nach einer Fehögeburt problemlos wieder schwanger werden. 

„Ich denke, es sollte nicht sein. Das ist der Lauf der Natur. Alles geschieht aus einem bestimmten Grund.“ Das sind einige wenige der häufig genannten Plattitüden, die nett gemeint sind, aber in keiner Form bei der Trauer unterstützen.

„Das Kind war bestimmt behindert.“ Muss ich dazu irgend etwas sagen?!

Jede Frau, die einen Schwangerschaftsverlust durchmacht, hat ihre eigene Art zu trauern. Jede macht ihre eigenen Erfahrungen. Du kannst nichts an der Situation ändern, nur Beistand leisten. Aber es gibt einige Dinge, die hilfreicher sind als andere – und es gibt einige Worte, die richtig weh tun können, obwohl du es vielleicht gut meinst.

Am besten ist es, deiner Freundin das Gefühl zu geben, nicht allein zu sein und zu versuchen, ihre Bedürfnisse in diesem Moment zu verstehen und sie wissen zu lassen, dass du immer für sie da bist. Und wenn etwas Zeit vergangen ist, sitzt der Schmerz oft noch tief, aber das Umfeld denkt, dass jetzt langsam mal genug getrauert wurde. Das ist Mist. Sei genau dann für deine Freundin noch mehr da. Unterstütze sie.

Du kannst ihr den Verlust nicht abnehmen, die Situation nicht für sie ändern. Aber du kannst gemeinsam mit ihr da durch gehen. Sie trösten, halten, mit ihr weinen, schreien, schimpfen … und ihr ganz vielleicht irgendwann dabei zusehen, wie sie wieder nach vorn blickt.

Alles Liebe,

Jasmin