Unser Löwenjunge geht nun bereits seit August in den Kindergarten. Sechs Monate sind seit dem ersten Tag dort vergangen und seither hat sich nicht nur unser Alltag, sondern auch unser Samuel sehr verändert. Mir war klar, dass der Start für die Fremdbetreuung nicht ganz optimal liegt, so kurz nach Mios Geburt. Gerade einmal einen Monat konnte sich Samuel an sein Brüderchen gewöhnen und dann kam mit dem Kindergarten eine neue riesige Veränderung und Herausforderung auf ihn zu. Meine Ängste, dass er sich abgeschoben fühlen könnte, habe ich damals einfach versucht, bei Seite zu schieben und auf eine gute Eingewöhnung vertraut. Ein Start zu einem anderen Zeitpunkt wäre leider erst ein Jahr später möglich gewesen. Trotzdem wollten wir es versuchen, zum einen, um mich im Alltag mit Baby und Studium zu entlasten und zum anderen, weil wir uns sicher waren, dass Samuel bereit für den Kindergarten wäre. (Mehr dazu habe ich hier geschrieben.)

Kindergarten Eingewöhnung und Kind weint nur

Vor der Eingewöhnungsphase war die Welt noch in Ordnung

Bei uns in Köln sind die Kitas leider alle sehr ausgelastet, daher hat man schon Glück, wenn man überhaupt einen Platz bekommt. Wir haben einen Platz bei uns in der Uni-Kita angeboten bekommen und waren nach der Besichtigung sehr glücklich darüber. Die Kita-Leitung zeigte uns die Einrichtung, Samuel lief durch die damals kinderleeren Räume und freute sich. Sogar einen Schlafraum gab es. Wir waren also positiv gestimmt und blickten der Eingewöhnung in die Kita relativ gelassen entgegen. Ich versuchte mir auch gar nicht allzu viele Gedanken zu machen, weil ich mir sicher war, dass Samuel meine eventuelle Unsicherheit oder Angst spüren würde.

Die Eingewöhnung

Direkt vorweg: in der Eingewöhnung liefen einige Dinge nicht ganz so optimal. Es gab keinen Bezugsbetreuer für die Kinder, was dem System der Einrichtung und teilweise auch dem krankheitsbedingten Ausfall geschuldet ist. Außerdem wurden sehr viele Kinder gleichzeitig eingewöhnt, was die Situation für alle sehr schwierig machte.

Ich kann mich noch genau an den ersten Tag erinnern. Wir sollten erst um neun Uhr da sein und liefen alle vier zusammen zur Kita (Mio lief natürlich nicht, der lag gemütlich im Wagen). Vor uns spazierte der glückliche vorfreudige Samuel und auf seinem Rücken wippte der Rucksack fröhlich auf und ab.
Als wir in der Einrichtung ankamen, wurden wir freundlich empfangen, allerdings war ich überrascht, wie wuselig alles war. Es wurden neun Kinder gleichzeitig eingewöhnt – nur ein einziges Kind aus der bisherigen Gruppe war noch da, alle anderen waren in die Ü3 -Gruppe gewechselt. Somit gab es für kein einziges Kind einen geregelten Alltag, sondern für alle war die Situation neu. Samuel wurde auch sehr lange Zeit häufig mit falschem Namen angesprochen, was ich sehr schade fand.
Eigentlich dachte ich, dass die Kita nach dem Berliner Modell eingewöhnen würde, fand uns dann aber auf dem Flur zwischen all den anderen Eingewöhnungs-Eltern wieder. Uns wurde gesagt, dass wir auf keinen Fall den Gruppenraum betreten, sondern das Kind höchstens mit zur Tür begleiten sollen. Darüber war ich etwas verdutzt, denn ich dachte, dass ich mein Kind in den ersten Tagen begleiten dürfte, bis es sich ein wenig an die neue Umgebung gewöhnt hatte. Die Erklärung der Erzieherinnen schien mir dann aber doch plausibel: die Kinder lösen sich schneller von den Eltern, wenn sie wissen, dass diese nicht mit ihnen spielen. Das sollen hier in der Einrichtung die Erzieher machen. Heute weiß ich, dass damit mein Kind von Beginn an unter Druck gesetzt wurde. Vielleicht reagieren andere Kinder in einer solchen Situation anders, aber für Samuel war es sehr schwer. Weshalb soll mein Kind sich schnell lösen? Ist es nicht besser, wenn es sich gern löst, weil es Vertrauen zu einer Bezugsperson / Erzieherin aufgebaut hat -auch wenn das vielleicht ein bisschen länger dauert, als wenn es sich lösen muss? Am ersten Kita-Tag lockte eine der Erzieherin erfolgreich mit dem großen Waschbecken im Waschraum und damit hatte sie unseren Samuel überzeugt, mit in die Gruppe zu kommen.

In den ersten Tagen waren wir immer nur relativ kurz in der Einrichtung, meistens ging Niklas mit ihm hin, weil mir die Eingewöhnung dank Wochenbetthormonen doch relativ schwer fiel. In der ersten Woche klappte die Eingewöhnung noch wie am Schnürchen, Samuel ging in die Gruppe, spielte mit dem Bagger, der dort stand und kam nur ab und zu mal schauen, ob Niklas oder ich noch da waren. In der zweiten Woche dann der Rückschritt. Samuel betrat zwar den Gruppenraum hin und wieder, spielte dann aber lieber allein auf dem Flur zwischen unseren Füßen (wir sollten ja nicht mit ihm spielen, nur da sein und gegebenenfalls trösten). Aber auch das besserte sich wieder und so sollten wir dann auch mal zwischendurch nach Hause gehen für 30 bis 60 Minuten und ihn danach wieder abholen kommen. Dabei versuchten wir ein kleines Ritual einzuführen und winkten am großen Fenster.

Schließlich kamen die großen Ferien und die Kita war drei Wochen zu. Ganze drei Wochen, in denen wir nur Zeit als Familie hatten und die wir sehr genossen. Es ist doch wunderschön, wenn man mit Baby und Kleinkind einfach freie Zeit hat, die man genießen kann. Uns war aber auch klar, dass wir nach der langen Pause durch die Ferien mit der Eingewöhnung wahrscheinlich wieder von vorn beginnen müssten. Das nahmen wir aber in Kauf, die Wochen vor den Ferien schienen uns wertvoll und wir dachten, dass es jedenfalls nichts negatives haben könnte, wenn er die Einrichtung schon mal kennen lernt.
Tatsächlich war aber kaum eine Veränderung spürbar, Samuel ging gern in den Kindergarten, freute sich morgens darauf und ich blieb nur die ersten Tage noch mit dort. Dann sollten wir die Trennung versuchen, weil alles so gut klappte.

Wenn die Trennung schwer fällt

Ich war optimistisch, dass Samuel die Trennung gut schaffen würde und machte mir keine Sorgen. In den ersten Tagen klappte sie auch super. Ich brachte Samuel hin, er zog sich an seinem Garderobenplatz um und flitzte in die Gruppe. Ich sagte ihm, dass ich nun gehen würde und später wieder käme. Keine Reaktion, aber er hatte mich gehört und wahrgenommen – also ging ich. Alles lief gut und als ich ihn abholte, freute er sich riesig. Laut Aussage der Erzieherinnen weinte er auch nicht während meiner Abwesenheit.
Aber dann kam der große Umschwung. Ich brachte Samuel hin, alles war wie immer, aber er wollte nicht in die Gruppe. Ich ging mit ihm zur Tür und er signalisierte mir ganz klar, dass er dort nicht hinein wollte. Ich redete ihm gut zu, ließ ihm Zeit, denn die hatte ich ja auch. Irgendwann war er soweit. Das machten wir ein paar Tage so, für mich gar nicht schlimm, mit einem Rückschritt hatte ich gerechnet. Nur die Erzieherinnen wollten sich scheinbar nicht noch mal auf eine längere Eingewöhnung einlassen. Eines Morgens, ich brachte Samuel, er fing an zu weinen und ich wollte wie immer warten, bis er von selbst zufrieden in die Gruppe ging, nahm ihn eine Erzieherin auf den Arm und bat mich zu gehen. Samuel weinte und sträubte sich und ich wollte ihn eigentlich nur in den Arm nehmen. Aber die Erzieherin nahm ihn hoch, sagte „Gehen sie, Frau Nimmerland. Gehen Sie einfach, er beruhigt sich dann schon. Machen Sie es lieber kurz und schmerzlos!“ und schob mich damit quasi zur Tür hinaus. Ich war ganz baff – und ging. Wahrscheinlich, weil ich so perplex war. Draußen weinte ich erst Mal und fühlte mich hundeelend.

Das war nicht meine Vorstellung davon, wie es laufen sollte. Das war für mich keine Eingewöhnung in meinem Sinne. Das war nicht meine Vorstellung von bedürfnisorientiert. Was blieb, waren Mamamagenschmerzen und ein großes Fragezeichen. Mit den anderen Mamas war es oft eine ähnliche Situation und wir waren alle ratlos, warum wir gehen sollten, obwohl unsere Kinder weinten. Aber wir vertrauten auf die Kompetenz der Erzieherinnen.
Ich verstehe nicht, warum eine Eingewöhnung bei vielen Einrichtungen mit Tränen verbunden sein muss. Weshalb wird so schnell von den Kindern erwartet, dass sie sich lösen, obwohl die Eltern nicht unbedingt Zeitdruck haben? Ich denke ein/e Bezugsbetreuer/in hätte die Situation für alle erleichtert.

Gescheiterte Eingewöhnung

Wahrscheinlich hätte ich an dieser Stelle stoppen und eine andere Lösung finden sollen. Wahrscheinlich liegt hier auch ein Stück weit der Auslöser für unser jetziges Problem, dass Samuel nicht gern in die Kita geht. Die Eingewöhnung wurde scheinbar nie wirklich abgeschlossen und die Trennung erfolgte abrupt.
Nach einigen Tagen weinte Samuel morgens aber nicht mehr, wenn ich ihn abgab, sondern lief in die Gruppe ohne sich zu verabschieden. Vielleicht war das seine Art mir zu sagen, dass er sauer auf mich war. Vielleicht war es reiner Selbstschutz, um nicht an den Schmerz erinnert zu werden, der ihm widerfahren ist. Ich weiß es nicht. Zurück bleibt jedenfalls mein Kind, das nun zwar in die Kita geht – aber zu welchem Preis?

Was ich heute anders machen würde

Aus heutiger Sicht würde ich vieles anders machen. Ich würde auf meine Bedürfnisse und die meines Kindes mehr eingehen, würde mich nicht mehr unterbuttern lassen und vieles viel früher hinterfragen. Das Gespräch suchen und Samuel mehr Zeit geben. Ich würde mir vielleicht sogar eine andere Kita suchen, die eine für uns geeignetere Eingewöhnung bietet und in der die Kinder nicht so sehr unter Druck gesetzt werden.
Oft fällt es uns schwer, wenn wir Menschen in ihrer Arbeit kritisieren müssen. Vor allem, wenn es um Lehrer und Erzieher geht. Schließlich wollen wir nichts „kaputt“ machen, wollen nicht, dass irgend etwas negativ auf unser Kind zurückfällt, falls sich jemand auf den Schlips getreten fühlt. Aber es ist in meinen Augen vollkommen okay auf sein Bauchgefühl zu hören und Unmut zu äußern. Ich zweifle nicht an der generellen Kompetenz der Erzieher in unserer Einrichtung, aber für mein Kind ging die Eingewöhnung zu schnell von statten und ich hätte mir gewünscht, dass es mit seinen individuellen Bedürfnissen mehr gesehen wird. Natürlich ist das bei neun Kindern nicht immer leicht und dank des Betreuungsschlüssels auch vielleicht zu viel verlangt, aber ich bin am Ende auch nur eine Mutter, die die Verzweiflung im Herzen ihres Kindes spürt.

Und nun?

Nach der gescheiterten (?) Eingewöhnung geht unser Samuel nun leider gar nicht gern in den Kindergarten. Besonders morgens ist er sehr frustriert und weint auch viel, möchte zu Hause bleiben. Wie wir damit umgehen und zu welcher Entscheidung uns das geführt hat, lest ihr im nächsten Blogpost.

Alles Liebe,
eure Jasmin