Und da öffnet unser Baby die Augen. Es ist dieser Moment, den man nie vergisst. Wenn sich die Blicke von Mama und Kind treffen und beide sagen “Das hast du gut gemacht!” Dieser allwissende tiefe Blick eines Neugeborenen ist einmalig und verzaubert mein Mamaherz.
Meine Hebamme steht hinter mir, beobachtet, lässt uns Zeit. Als sie nach der Nabelschnur sehen will, entdecke ich etwas. “Es ist ein Junge!” rufe ich. “Schatz, wir haben einen Jungen bekommen!” Wir lachen. Ein kleiner Bruder für Samuel. Ja, wir sind überglücklich!

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Eingehüllt in die warmen Handtücher aus dem Backofen verweilen wir noch ein paar Minuten im Pool. Ich streichle meinem Baby über die Wangen und betrachte die dunklen wunderschönen Augen. Ja, ganz anders als dein Bruder siehst du aus, flüstere ich. Niklas und Samuel beobachten alles vom Rand aus und Samuel ist ganz aufgeregt. Er möchte am liebsten auch ins Wasser und baden, so wie Mama. Aber das Wasser ist ihm dann doch etwas tief und unheimlich. Also bleibt er auf Papas Schoß. Wir gucken uns unser Baby ganz genau an, streicheln es. Dieses Glücksgefühl, es wirklich zu Hause geschafft zu haben, ist unbeschreiblich. Und das kleine Wesen in meinem Arm ist jetzt schon so perfekt. Die Haut färbt sich ganz schnell von blau nach dunkelrosa, was uns alle fasziniert und wir beobachten, wie die Nabelschnur auspulsiert. Wir haben es tatsächlich geschafft! Ich bin überglücklich und die Endorphone fegen jedes Gefühl der Erschöpfung erstmal bei Seite. Dann wird es Zeit, das Wasser kühlt langsam zu sehr ab und ich soll mich und das Baby nun lieber ins Bett kuscheln. Also steige ich aus dem Pool, bin noch etwas wackelig auf den Beinen und froh um die zwei Hände, die mich stützen. Aber mein Kreislauf bleibt stabil. Das Baby wird in frische, trockene und wohlig warme Handtücher gehüllt und dann darf ich es im Bett weiter betrachten.

Niklas kümmert sich derweil kurz um Samuel, der unbedingt baden gehen will. Das darf er dann auch mit seiner Tante machen. So können Niklas und ich noch für ein paar Minuten ganz ungestört mit dem Baby sein. Auch die Hebammen lassen uns erstmal ganz in Ruhe den Moment genießen. Für mich ist diese Ruhe etwas Magisches. Wenn ich an Samuels Klinikgeburt denke, war das hier zu Hause doch etwas völlig anderes. Keiner, der das Kind mitnimmt, um es zu untersuchen. Keiner, der mich stresst. Kein Gewusel. Alles passiert „an“ der Frau. Das ist so wunderschön und stimmt mich ganz selig.

Ich liege auf dem Bett und bin jetzt schon in einer kleiner Blase, blende alles Unwichtige aus. Ich halte also mein Baby im Arm und lege es das erste Mal an meine Brust. Gierig saugt unser kleiner Junge, er macht das ganz toll. Noch spüre ich auch keine Schmerzen und kann unseren ersten innigen Moment des Stillens vollkommen genießen. Unser Junge trinkt lange. Ich staune, wie gut er das jetzt schon macht. Niklas küsst und umarmt mich, betrachtet voller Stolz seinen kleinen Sohn. Alles an ihm ist noch so furchtbar zart. Die kleinen Füße, die Händchen und Fingerchen. Aber die Augen beobachten uns schon ganz genau.

Ungefähr zwanzig Minuten nach der Geburt des kleinen Menschleins wird die Plazenta geboren und die Geburt ist nun endgültig vorüber. Diesmal will ich mir die Plazenta ganz genau ansehen, sie fasziniert mich. Monate lang hat sie mein Baby ernährt und jetzt liegt sie vor mir. Verrückt, dass der Bauch jetzt leer ist. Wir legen sie in eine Schüssel, denn noch ist sie mit unserem Baby verbunden. So kuscheln wir eine ganze Weile zusammen.

Mittlerweile ist auch Samuel aus dem Bad zurück. Anziehen möchte er sich nicht, viel zu spannend ist jetzt alles und er ruft immerzu „Baby! Da! Hallo Baby!“ Und dann küsst er es und streichelt ganz behutsam zum ersten Mal seinen kleinen Bruder. Ach mein kleiner großer Samuel, er hat das so toll gemacht die letzten Stunden. Für uns Eltern ist dieser Moment so emotional. So lange habe ich mich in der Schwangerschaft gefragt, wie unser Samuel wohl auf das Baby reagieren würde und nun scheint es, als wären alle Sorgen völlig unbegründet gewesen. Samuel streichelt also immerzu das Baby und beobachtet alles ganz genau. Wie es Milch an meiner Brust trinkt, die Nabelschnur, die Plazenta, Mamas Bauch – all das nimmt er wahr und fragt und zeigt und ist aufgeregt. Aber vor allem ist er jetzt schon, genau wie wir, voller Liebe für das Baby.

Nach all der ersten Aufregung nehme ich meinen Erstgeborenen in den Arm, drücke ihn an mich und schenke ihm ganz viel Liebe. Ich bin jetzt Mama von zwei Jungs – auch wenn mir die Tragweite des ganzen noch gar nicht bewusst ist, weiß ich, dass gerade alles perfekt ist. Wahnsinnig perfekt. Ich bin dankbar. Demütig. Genieße den Moment.

Alles was in den kommenden Stunden passiert, sauge ich auf, wie ein Schwamm. Es sind die ersten intensiven Stunden, die ich am liebsten für immer konservieren will. Meine Hebamme lässt uns viel Zeit, misst schließlich Kopfumfang und Gewicht, alles direkt neben mir. 37 Zentimeter (Ah, das tat also so weh!) und 3420 Gramm. Unser kleiner Kerl ist außerdem 53 Zentimeter lang. Alles ist so zart, so niedlich. Ich hatte tatsächlich vollkommen vergessen, wie winzig so ein Neugeborenes ist! Dann möchten wir irgendwann doch die Nabelschnur durchtrennen, es ist einfach praktischer und da sie ohnehin längst auspulsiert ist, fühlt es sich richtig und gut an. Wie auch bei unserem ersten Kind übernimmt mein Mann das. Voller Stolz durchtrennt er die letzte Körperliche Verbindung zwischen mir und meinem Baby.

Dann kuscheln wir uns weiter ein und versuchen, noch mehr Ruhe einkehren zu lassen. Meine Hebamme verabschiedet sich bis zum nächsten Morgen und Anne macht uns noch einen großen Obstteller und verabschiedet sich dann ebenfalls. Samuel ist immer noch sehr aufgeregt aber wir kuscheln uns alle vier ins Bett und so kommt er langsam etwas runter. Jetzt merke ich, dass er doch etwas erschöpft ist von der ganzen Aufregung. Als er irgendwann eingeschlafen ist, ich glaube es ist gegen 23 Uhr, macht sich Niklas ans Aufräumen. Der Pool muss entleert und geputzt werden und die Bettwäsche und Handtücher gewaschen. Ich bin froh und dankbar, mich um nichts kümmern zu müssen und liege das Baby stillend im Bett. Beginne langsam, die Geschehnisse der letzten Stunden zu verarbeiten und falle irgendwann vor Erschöpfung in den Schlaf. Den ersten sanften Schlaf als Zweifachmama.

Alles Liebe,

eure Jasmin

Alle Bilder sind von Esther Mauersberger.