Mütter sind von Natur aus sensibel. Ganz besonders wenn es um den eigenen Nachwuchs geht, wollen wir immer nur das Beste und dennoch gibt es immer wieder (gut gemeinte) ungefragte Ratschläge, auf die wir gern verzichten würden. Versteht mich nicht falsch, ein lieb gemeinter Rat ist so viel wert. Aber meistens ist es doch so, dass ich mir lange bevor ich handle, ganz intensive Gedanken mache. Gerade wenn es um die eignen Kinder geht, reflektiere, hinterfrage und belese ich mich immer und immer wieder. Deshalb finde ich auch Ratschläge, egal wie nett sie gemeint sind, schwierig. Kritik an meinen Kindern oder meinem Erziehungsstil ertrage ich nur schwer, fühle ich doch oft meinen Lebensentwurf dadurch in Frage gestellt. Wenn es um den Nachwuchs geht, sind wir Mütter alle eins: emotional. Wir sind so leicht verletzbar. So leicht zu verunsichern. Aber egal wie man es macht, einer hat immer etwas zu kritisieren. Carina stören ungefragte Ratschläge schon lange und heute macht sie sich Luft! Aber lest selbst.

Da war er nun, 3670 g pure Liebe. Unser Erstgeborener, unser Sohn! Nach 11 Stunden Wehen waren wir endlich Eltern und waren überglücklich. Selbstverständlich freuten wir uns wahnsinnig darauf, unseren kleinen Schatz endlich mit nach Hause zu nehmen. Was uns dort aber mit den Besuchen im Wochenbett erwartete, damit hatten wir nicht gerechnet.

Wir hatten unseren Sohn noch nicht mal selber richtig kennen gelernt, da wussten andere schon sehr genau, was er braucht und was wir (selbstverständlich) falsch machen!

Hier nur ein paar Beispiele:

  • schläft er denn schon durch?
  • schläft er denn wenigstens in seinem eigenen Bett?
  • lässt du ihn auf dir schlafen? Da gewöhnt er sich doch nur dran
  • du solltest ihn besser nicht direkt hochnehmen wenn er schreit, das stärkt seine Lungen

Aber am allerschlimmsten fand ich:

Nimm ihn doch nicht direkt hoch wenn er schreit, er manipuliert dich doch und will nur Aufmerksamkeit.

Solche Aussagen begegnen einem überall, in der Familie, im Freundeskreis und sogar von Nachbarn und völlig Fremden! Jeder weiß einfach besser als die eigene Mutter, was das Kind braucht und was man schon falsch macht.

Nun bin ich ein Recht selbstbewusster Mensch und kann klar und deutlich kommunizieren, was ich von solchen Aussagen halte, aber nicht alle Menschen sind gleich und so gibt es viele Frauen, die sich davon verunsichern lassen. Die an ihren natürlichen Mutterinstinkten zweifeln und sich schlecht fühlen. Ist das nötig? Kann man es der Mutter nicht selbst überlassen, wie sie ihr Kind erzieht? Darauf vertrauen, das sie sich schon Hilfe sucht, wenn etwas nicht gut klappt?

Carina und ihr Partner sind von den ständigen Ratschlägen genervt

Wirklich problematisch finde ich allerdings bestimmte Aussagen bezüglich des Stillens. Wenn das Kind schreit, wird sofort die Milchmenge in Frage gestellt. Es werden einem “Gruselgeschichten” von Zeitabständen erzählt, die man einzuhalten hat. Und sowieso sollte man ja die Muttermilch besser abpumpen und über die Flasche geben, damit der Vater das Kind auch füttern kann. Und öffentliches Stillen? Diese Büchse der Pandora will ich jetzt gar nicht erst öffnen. Und wenn man die Flasche gibt, ist es natürlich auch nicht richtig.

Wir haben doch alle Werte in unserem Kopf, die uns wichtig sind. Je nach eigener Kindheit und eigenen Erfahrung sind sie unterschiedlich stark ausgeprägt. Mir persönlich ist es wichtig, meinen Sohn nicht UNNÖTIG schreien zu lassen. Seinen Lungen geht es prima, die müssen also nicht gestärkt werden, vielen Dank und  ansonsten glaube ich, das ein Baby bisher lediglich Grundbedürfnisse durch Schreien äußern kann und was für ein Gefühl vermittel ich meinem Kind, wenn ich diese ignoriere? Das Gefühl, das niemand kommt, wenn er jemanden braucht. Und zu diesen Bedürfnissen gehört ebenfalls Aufmerksamkeit und Nähe. Diese Bedürfnisse stehen für mich auf demselben Level wie Hunger oder eine schmutzige Windel! Und ich lasse mir von niemandem einreden, das er mich manipuliert oder diese Bedürfnisse nicht so wichtig sind. Das er sich auch mal müde weinen muss oder lernen muss, alleine einzuschlafen oder Schmerzen auszuhalten. Er ist erst 10 Wochen alt und ich werde ihm das nicht zumuten!

Ich habe mir einfach sehr früh angewöhnt,  meine Denkweise neutral wie möglich wiederzugeben. Ich versuche verschiedene Sichtweisen anzubringen und nicht, mich zu verteidigen. Je nachdem, worum es geht und wie der Tonus der Unterhaltung ist, gelingt mir das auch nicht immer, aber ich gebe mir Mühe. Meistens klappt das und wenn gar nichts geht, hilft ein klares “HALT DEN MUND. Ich habe dich nicht nach deiner Meinung gefragt!”
In der Schwangerschaft hat sich bei mir schon rauskristallisiert, mit wem ich über Ängste und Sorgen sprechen kann und mit wem ich einfach bei Small Talk bleibe. In der Regel gilt das für diese Menschen dann auch, wenn das Kind da ist. Das erspart einem wirklich viele Nerven. Negativität gibt es schon genug in der Welt und unsere Kinder werden schon früh genug erleben, wie grausam die Welt sein kann, das müssen wir ihnen nicht schon als Säuglingen zeigen. Und wenn es sich um Menschen handelt, von denen man sich nicht abkapseln kann, hilft oft auch einfach ein bisschen Abstand.

Alles in Allem kann ich sagen, das man sich als Mutter ein dickes Fell anschaffen muss. Das man sich mit Menschen umgeben sollte, die einem gut tun. Die eine positive Ausstrahlung haben und einen positiven Einfluss auf das eigene Leben haben. In meinen Augen gibt es nichts schöneres, als die Mutter von diesem kleinen Wesen zu sein. Ihm beim wachsen zuzuschauen und ihn bei all seinen ersten Schritten zu begleiten. Lasst euch das nicht von ungebetenen Meinungen kaputt machen.

Seit 2.5 Jahren bin ich nun Mama. Und ich kenne solche Ratschläge, die Carina angesprochen hat zur Genüge. Egal ob es meine Mutter, die Schwiegereltern oder eine Freundin war, die mir Ratschläge gaben, ich war meistens nicht wirklich begeistert. Ja, oft sogar genervt oder frustriert, weil sie meinen Standpunkt nicht verstanden. Aber wenn ich ein wenig reflektiere, dann weiß ich, dass ihre Tipps immer gut gemeint waren und vor allem, dass sie nur eigenen Erfahrungswerte weitergaben. Vielleicht waren diese an manchen Stellen veraltet oder widersprachen meinem Erziehungsstil, aber sie sollten mich nie absichtlich verletzen oder gar verunsichern. Diese Sichtweise half mir oft, meinen Ärger herunter zu schlucken und mich einfach für den Rat zu bedanken. Heißt ja nicht, dass ich ihn umsetzen muss. 

Und trotzdem (oder gerade deshalb?) hat Carina Recht. Wir Frauen sollten solidarisch miteinander sein und uns gegenseitig stark machen, anstatt uns zu kritisieren. Wie wäre es mit einem „Wenn du meine Meinung wissen möchtest, dann erzähle ich sie dir gerne.“ anstatt zu kritisieren? Wie wäre es mit einem „Ich gebe dir gerne einen Rat oder lieben Tipp, wenn du möchtest.“ anstatt eine verunsicherte Mama an den Pranger zu stellen? Letztlich sitzen wir alle doch im selben Boot und sind dem gleichen heftigen Seegang Leben ausgesetzt. Wie wäre es mit ein bisschen mehr Zusammenhalt, ein bisschen mehr Miteinander?

Alles Liebe,
eure Jasmin