Mit der Geburt meines ersten Kindes kamen die Ängste vor dem Gebären. Sie verlief für mich traumatisch und noch immer sind die Schmerzen sehr präsent. Nun, mit der Planung unserer Hausgeburt, setze ich mich erneut mit dem Thema Geburt  und den dabei ablaufenden Prozessen auseinander. Ich möchte auf keinen Fall nochmal etwas ähnlich Traumatisches erleben und mir stattdessen  nach Möglichkeit meine Kräfte während des Gebärens anders einteilen. Weniger Schmerzen haben. Wie soll das gehen, frage ich mich, wo ich doch bei meiner ersten Geburt schließlich sogar eine PDA hatte (die zugegeben kaum half) und ich nun bei der Hausgeburt völlig auf jegliche Schmerzmittel verzichten muss? Werde ich es wirklich schaffen, zu Hause zu entbinden? Gebe ich vielleicht vorher auf?

Weniger Schmerzen. Manche Frauen sagen, es sei sogar eine völlig schmerzfreie Geburt möglich. Einen tollen Artikel findet ihr rund um das Thema bei Bauchgeburt. Ich habe auch recherchiert und bin dabei auf die Methode des Hypnobirthings gestoßen.

Wenn du deine Sichtweise der Geburt veränderst, veränderst du, wie du gebärst! (Marie F. Mongan)

Hypno… was? Hypnobirthing ist eine sanfte Geburt unter Anwendung einer Form von Selbsthypnose. Durch die Hypnose erreichen Frauen für die Geburt eine sehr tiefe Entspannung, die die Geburtsschmerzen in den Hintergrund rücken lassen, vermindern oder gänzlich ausblenden kann. Die Methode kommt aus den Staaten und findet nach und nach auch in Deutschland immer mehr Anklang. Man sagt, dass Frauen die Hypnobirthing verwenden, die Geburt dadurch oft sehr bewusst erleben und ihren Körper und das Baby durch innere Verbundenheit intensiver spüren.

Mit Niklas zusammen habe ich einen Hypno-Birthing Kurs bei Katharina von Mamaé besucht. Katharina ist Hypnobirthing Kursleiterin, Trageberaterin und Mama von zwei Kindern. Der Kurs bei ihr war für mich aber so viel mehr als nur ein Hypnobirthing Kurs. Er gab Raum für Austausch, er ersetzte (zumindest für mich) einen Geburtsvorbereitungskurs, weil wir über alle wichtigen Themen rund um die Geburt und das Wochenbett gesprochen haben und er gab mir zudem die Möglichkeit, an meinen Ängsten und Sorgen zu arbeiten. Jede werdende Mama, die einen Hypnobirthing Kurs besuchen will, ist bei Katharina sehr gut aufgehoben, versprochen! Aber wie bereitet man sich jetzt eigentlich mit der neuen Methode des Hypnobirthings auf die Geburt vor?

Die Vorbereitungen.

Zunächst muss ich sagen, dass man sich als Frau mental auf diese Methode einlassen können sollte. Nur, wer dem Ganzen nicht völlig skeptisch gegenüber steht, wird sich entspannen können und die Vorteile der (Selbst-)Hypnose genießen. Aber eigentlich steckt gar nicht so viel Geheimnisvolles hinter der Selbsthypnose. Katharina hat uns im Kurs erklärt, dass jeder Mensch mehrmals täglich eine Art von Selbsthypnose anwendet. Denkt mal an ein leckeres Schnitzel oder ein richtig leckeres Eis mit frischen saftigen Früchten – da läuft euch bestimmt sofort das Wasser im Mund zusammen. Das ist im Prinzip schon eine Form von Selbsthypnose, denn es zeigt, dass mit der bloßen Kraft der Gedanken eine physische Reaktion im Körper hervorgerufen werden kann. Und Hypnobirthing tut genau das: durch Visualisierung soll der Geburtsprozess unterstützt und im Körper der Frau Reaktionen hervorgerufen werden, die beispielsweise die Muskelarbeit der Gebärmutter unterstützen.

Ich habe für meine persönliche Vorbereitung zunächst das Buch von Marie F. Mongan (*Affiliate Link) gelesen (das man im Kurs übrigens bekommt) und anschließend den speziell auf Hypnobirthing ausgelegten Kurs von Mamaé besucht. Dort werden einerseits konkrete Übungen zur Entspannung erlernt, aber auch mögliche Störfaktoren, wie Ängste, die die Geburt beeinflussen könnten, beseitigt. Es wird über negative Gedanken gesprochen und versucht, diese in ein positives Gefühl umzuwandeln, so dass Frau zuversichtlich in die Geburtsreise starten kann.

Warum Hypnobirthing?

Die Geburt eines Kindes ist wohl einer der natürlichsten Prozesse unseres Körpers. Man muss nichts erlernen, um ein Kind zu gebären, der Körper tut es einfach. Aber durch die medizinische Forschung und den Fortschritt haben viele Frauen das Vertrauen in sich und ihren Körper verloren. Es wird in den Kliniken viel an Stellen interveniert, an denen Intervention unter anderen Bedingungen vielleicht nicht notwendig wäre. Toll finde ich dazu das Katzengleichnis. Durch die Medien haben wir ein völlig verqueres Bild davon, was gebären eigentlich ist. Und ja, auch ich hatte lange Zeit Bilder von schmerzerfüllten Frauen, auf dem Rücken liegend in einem hellen Kreißsaal gebärend im Kopf, wenn ich an Geburt dachte. Dabei habe ich völlig aus den Augen verloren, dass eine Geburt auch wundervoll sein kann, intim, leise und geborgen.

Durch den Hypnobirthing Kurs habe ich gelernt, mir wieder mehr selbst zu vertrauen und ich verstehe nun viel mehr, warum mein Körper bei Samuels Geburt so gar nicht wollte und seine Geburt für mich ein eher schlimmes Erlebnis war. Ich weiß jetzt, dass ich durch gezielte Atemtechniken meinen Körper bei der Geburtsarbeit (nicht umsonst ist das englische Wort für Geburt labour = Arbeit) unterstützen kann.

Eine natürliche Geburt ist eine Geburt im Einklang mit der Natur, im Einklang mit dem Körper. Mit Hypnobirthing können Frauen lernen zu akzeptieren, welche Wende die Geburt nehmen kann und konzentrieren sich nur auf sich selbst. Sie fokussieren sich mental auf einen einzigen Prozess, bei dem Störungen unerwünscht sind: die Geburt. Dabei wirkt Hypnobirthing subtil auf unser Unterbewusstsein und hilft uns, Verkrampfungen zu lösen, entspannt zu bleiben und positiv zu denken. Außerdem kann Hypnobirthing vor der Geburt bestehende Ängste lösen. Das habe ich im Kurs von Katharina geschafft und blicke jetzt viel angstfreier unserer Hausgeburt des Avocado-Babys entgegen. Viele Ängste rühren übrigens von genau der Ungewissheit und den schlimmen Erzählungen und Bildern, die wir durch Medien und Bekannte im Kopf haben, die ich eben bereits ansprach. Durch die Diskussionen im Kurs und das darüber Sprechen konnte ich einige dieser Ängste besser einordnen und schließlich bei Seite schieben. Ja, sogar teilweise gänzlich auflösen.

Wie funktioniert Hypnobirthing?

Zunächst werden im Kurs bereits während der Schwangerschaft mehrere Atemübungen durchgeführt, mit welchen man einen tiefen Entspannungszustand erreicht. Eine der Atemtechniken, die Wellenatmung kann man jedoch vor der Geburt eigentlich kaum üben, es sei denn man hat starke Senkwehen, vielleicht hilft sie dann. Darauf werde ich mich dann also erst bei der Geburt so richtig einlassen können. Aber auch hier wurden wir im Kurs zumindest theoretisch vorbereitet und ich weiß, wie und warum ich die Wellenatmung anwenden sollte. Bei der Selbsthypnose, in die man durch die Atemtechniken gelangt, lernt man, gewisse Sachen auszublenden und bei der Geburtsarbeit sehr konzentriert und fokussiert zu sein. Manchmal finden auch Paar-Übungen mit der Schwangeren und dem Partner statt. Der Mann (oder eben ein anderer Geburtsbegleiter)  hilft der Frau, sie während der Geburt zu schützen, indem er den rationalen Teil, beispielsweise die Kommunikation mit Ärzten und Hebammen, übernimmt, während die Frau sich auf ihren Instinkt verlässt und sich einzig und allein ihrem Körper widmet. Außerdem ist die Aufklärung über den genauen Geburtsvorgang sehr wichtig. Dabei wird beispielsweise besprochen, in welcher Weise die Muskeln der Gebärmutter arbeiten und welche Positionen am besten für eine Geburt eingenommen werden sollte, damit das Kind sanft geboren werden kann.

Hypnobirthing besteht aus

Atemübungen
Entspannungsübungen
Affirmationen
Hypnose

Die Übungen werden in der Schwangerschaft regelmäßig wiederholt, ein bisschen als würde man sich auf einen sportlichen Wettkampf vorbereiten. Kontinuierliches Training ist dabei wichtig, es ist in der Tat ein kleiner Konditionierungsprozess. Ich habe beispielsweise zwei der Atemtechniken (Ruheatmung und Geburtsatmung) immer mal wieder auch zu Hause (oder auch in Bahn und Flugzeug) geübt, mir immer wieder die Entspannungs-CD angehört, um meinen Körper sanft aber stetig auf die Geburt vorzubereiten. Und ich merke tatsächlich, dass ich mit jedem Mal schneller in der Tiefenentspannung ankomme und man das Entspannen sehr gut trainieren kann.  Natürlich hat das auch einen positiven Nebeneffekt auf meine Schwangerschaftswehwehchen und die Abgeschlagenheit, die einfach automatisch größer ist, weil um mich herum täglich noch unser kleiner Samuel rennt, der meine Aufmerksamkeit fordert. Die einzelnen Phasen der Entspannung lassen mich zurück in meine Kraft kommen und geben mir neue Energie für den kleinen Wirbelwind.

Ich bin sehr gespannt, ob es mir gut gelingen wird, die Techniken von Hypnobirthing anzuwenden und damit eine schöne, kraftvolle Geburt erleben zu können. Bislang fühle ich mich jedenfalls sehr gut vorbereitet. Bis zur Geburt können es nur noch wenige Stunden oder aber wenige Wochen sein – dann werde ich schließlich unser Baby im Arm halten. Und ich bin mir sicher, ganz egal wie die Geburt verlaufen wird, sie wird auf jeden Fall selbstbestimmter als bei unserem Samuel.

Alles Liebe,
eure Jasmin