Wahl des Geburtsortes 2.0.

Mit meiner erneuten Schwangerschaft ist es früher oder später Zeit, den richtigen Geburtsort für das Baby zu wählen. Ja, es scheint fast ein wenig verrückt, dass ich diesen Beitrag schreibe, denn bei meiner ersten Schwangerschaft dachte ich noch völlig anders über dieses Thema, das Thema Hausgeburt. Jede Frau hat heute das Recht, ihren Geburtsort frei zu wählen! Das war übrigens nicht immer so, früher durften nur Frauen aus höheren Gesellschaftsschichten überhaupt in eine Klinik zur Entbindung. Ich bin überzeugt, dass die Wahl des Geburtsortes auch immer mit dem Geburtsverlauf zusammenhängt, denn nur an einem Ort an dem die Frau zur Ruhe kommt, sich entspannen kann,  wird es einen störungsfreien Geburtsverlauf geben. Für manche Frauen ist dieser Ort die Klinik, für andere ein Geburtshaus oder ein vertrautes Umfeld.
Ich weiß noch, wie ich zu Niklas sagte, dass ich niemals ein Kind zu Hause gebären könnte, weil ich immer Angst hätte, dass etwas passieren könnte, mir oder dem Baby. Ich bezeichnete eine Hausgeburt sogar als verantwortungslos. Wenn ich nun an meine Worte zurückdenke, dann weiß ich heute eins: ich habe mich verdammt nochmal sehr verändert in den letzten zwei Jahren. Ich bin als Person gereift, meine Ansichten haben sich stark verändert und vieles, was mich damals bewegte tut es heute nicht mehr. Mich bewegen und berühren nun ganz andere Dinge. Ich bin stärker, weiß genau was ich für mich und meine Familie möchte und kann meine Wünsche äußern. So äußerte ich meinem Mann gegenüber vorsichtig aber bestimmt einen Wunsch – es muss ca. drei Monate her sein. Und seither ist ein Familienprojekt herangereift, hat Formen und Farben bekommen.

Wir bekommen unser Baby zu Hause.

Wir bekommen unser Baby zu Hause. Ich lasse den Cursor eine Zeit lang weiter ticken, meine Gedanken sacken, bevor ich weiter schreibe.

Unser zweites Kind wird in einer geborgenen, wohligen Umgebung geboren werden, unserer Wohnung. Ganz leise und still wird es dort sein, vertraut (für uns) und eine wohlige Atmosphäre, die wir selbst nach unseren Wünschen gestalten wird uns umgeben. Hoffentlich. So ist jedenfalls der Plan. Ich stelle mir eine Hausgeburt mittlerweile sehr schön vor, natürlich auch schmerzhaft, aber trotzdem schön. Und vor allem eins: selbstbestimmt. Diesmal möchte ich mich wohl fühlen, alles ein bisschen anders machen. Leiser. Wohliger. Schöner. Alles viel mehr erleben statt nur durchleben. Wie ich mir meine Geburt im Detail vorstelle, weiß ich noch gar nicht genau. Ich denke das wird sich in den nächsten Wochen zu einem klareren Bild formen.
Natürlich kann man keine Geburt richtig planen, denn es kann letztlich alles passieren, vieles läuft oft anders, als man es sich vorgestellt hatte. Aber – in diesem Punkt bin ich mir sehr sicher – man kann seinen Wunsch äußern und sich dem entsprechend auf die Geburt vorbereiten, sich austauschen, einen Geburtsplan erstellen und für Eventualitäten vorsorgen.

Wie kam es zu meinem Wunsch?

Das erste Mal schwanger hat man keine Ahnung, auf was man sich bei der Geburt einlässt, welche Strapazen einen erwarten. Mir ging es bei Samuel ganz genauso, nicht einmal das Geschlecht unseres Babys wussten wir. Aber es war nach ein paar Kreißsaalbesichtiungen klar, ich würde im nahe gelegenen Krankenhaus entbinden. Alles ganz typisch eigentlich. Nur eins war für das erste Kind eher ungewöhnlich: eine ambulante Geburt sollte es sein (wurde es letztlich doch nicht, aber das seht hier nicht im Fokus). Ich habe euch noch nie von Samuels Geburt erzählt – weil es für mich ein sehr intimer Moment war, aber auch, weil ich erst verarbeiten musste, was da eigentlich passiert ist. Was da vor allem mit mir passiert ist. Die Geburt war im Nachhinein betrachtet für mich alles andere als schön und je länger ich über sie nachdenken, desto unzufriedener bin ich mit dem Verlauf. Objektiv betrachtet war sie wohl gar nicht so schlimm aber ich empfinde sie oft schon als kleines Trauma und denke nur sehr ungern an die Geburt zurück, von den ersten Momenten mit unserem Samuel einmal abgesehen. Ich frage mich, ob vieles vielleicht anders laufen hätte können, wenn ich mich nicht so allein gefühlt hätte, wenn ich mich wohler gefühlt hätte. Der Geburtsverlauf ist für mich immer noch mein wunder Punkt, einer, an dem ich immer noch zu knabbern habe. Ich glaube daher kommt der starke Wunsch, es diesmal ganz anders zu machen.
Bislang war eine außerklinische Geburt für mich nämlich undenkbar. Umso überraschter war ich, als der Gedanke plötzlich doch aufploppte und seit dem omnipräsent ist. Eigentlich war es eher ein starkes Bauchgefühl, das ich seit Beginn dieser Schwangerschaft habe. Ich weiß nicht warum, aber ich konnte mir mich plötzlich nicht mehr im Kreißsaal vorstellen. Stattdessen hegte ich den tiefen Wunsch, mein Baby ganz behütet zu Hause zu bekommen. Ich wünsche mir für dieses Kind eine selbstbestimmte Geburt, fernab von grellen Krankenhauslichtern und sterilen Räumen, die nach Händedesinfektionsmitteln riechen. Ich wünsche mir, dass unser Baby mit noch mehr Ruhe auf der Welt ankommen kann, als es schon bei Samuel der Fall war.

Die Reaktionen.

Als ich den Wunsch nach einer Hausgeburt Niklas gegenüber zum ersten Mal äußerte, war er ganz und gar nicht begeistert. Er äußerte Sorgen und Bedenken. Aber Niklas wäre nicht Niklas, wenn er nicht auch nach meinen Gründen fragen würde. Wir führten ein langes Gespräch aus dem ich am Ende mit einem Lächeln ging. Mein Mann hatte mir, mal wieder, den Rücken gestärkt, er war einverstanden. Und auch wenn er bis heute immer noch ein unwohles Gefühl in der Magengegend hat beim Gedanken an eine Geburt zu Hause, steht er voll und ganz hinter mir und wird mich, da bin ich sicher, unterstützen. Es ist jetzt nicht mehr nur meine Entscheidung, sondern unsere – und das fühlt sich so schön an!
Meine Mama hat überraschend anders als erwartet, fast schon entspannt reagiert, als ich ihr von unseren Plänen erzählt habe. Zum Glück redet sie mir meistens nicht rein, wenn ich eine Entscheidung getroffen habe. Klar, sie hat ein paar Dinge zu bedenken gegeben, aber grundsätzlich war ihre Reaktion positiv. Die Reaktion von Niklas‘ Eltern war sehr gemischt. Wir wurden mit vielen Fragen konfrontiert. Ob wir uns das denn gut überlegt hätten, ob wir uns über die Risiken informiert haben und und und. Glücklicherweise versuchen auch sie nicht, uns von unserer Entscheidung abzubringen – denn sie wissen wohl, dass das sowieso nichts ändern würde. Unsere Freunde reagierten völlig unterschiedlich. Die einen fanden es toll und andere meinten, dass es doch viel zu gefährlich sei. Ich glaube einige hatten großen Respekt vor unserem Vorhaben (für mich allerdings mittlerweile unverständlich) – würden selbst laut eigener Aussage nie eine Hausgeburt wagen.

Letztlich ist es allein unsere, Niklas‘ und meine, Entscheidung, die wir tragen müssen. Mir war sehr wichtig, dass Niklas sich mit der endgültigen Entscheidung ebenfalls wohl fühlt. Jetzt haben wir als Familie entschieden, gemeinsam.

Unser Weg zur Hausgeburt.

Natürlich bestand der erste Schritt darin, überhaupt eine Hebamme zu finden, die noch Hausgeburten leitet. Nach der gesetzlichen Veränderung und den hohen Selbstvesicherungskosten für Hebammen sind diese sehr rar und vor allem viel zu schnell komplett ausgebucht. Ich habe mich daher schon in der sechsten Woche um eine Hebamme bemüht und bin schließlich fündig geworden. Ihr glaubt gar nicht, wie sehr ich vor dem ersten Kennenlerngespräch zitterte, weil ich so doll hoffte, dass sie auch zu uns passt. Neben der Qualifikation ist mir nämlich Sympathie sehr wichtig, immerhin wird diese Frau die intimsten Stunden unseres Lebens mit uns verbringen. Wir hatten großes Glück, denn die Hebamme, die uns zum Gespräch besuchte, war uns auf Anhieb sympathisch und wir führten ein langes Gespräch.
Ich habe schon in der Schwangerschaft mit Samuel einige Vorsorgeuntersuchungen bei meiner damaligen Hebamme machen lassen und auch diesmal werden wir es wieder so handhaben – mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass diesmal die  Hebammen gestützte Vorsorge überwiegen wird. Das bedeutet, dass ich nur bei Problemen und ein oder zwei Ultraschalluntersuchungen zum Arzt gehen werde, den Rest übernimmt unsere Hebamme. Darüber bin ich sehr froh, denn so lernen wir uns vor der Geburt gut kennen und können über viele Dinge schon im Vorfeld sprechen.

Mentale Vorbereitung. Ich möchte mich außerdem ein wenig anders auf die Geburt vorbereiten als in meiner ersten Schwangerschaft. Entspannungstechniken und regelmäßiger Sport gehören also fortan zu meinem Alltag. Über meine Wünsche und Vorstellungen werde ich mir genau und immer wieder Gedanken machen und diese auch schriftlich festhalten, denn so kann ich schließlich gezielter mit meiner Hebamme über beispielsweise einen Geburtsplan sprechen. Entspannungs- und Atemtechniken sollen mir helfen, den Schmerz diesmal besser zu verkraften, vielleicht sogar in eine Art Hypnose zu gehen, bei der ich ihn völlig ausblenden kann. Noch bin ich völliger Neuling auf dem Gebiet Hypnobirthing und vielleicht funktioniert es nicht. Aber wisst ihr, ich möchte mich einfach offen darauf einlassen und sehen, ob es mir vielleicht hilft. Und wenn nicht, dann habe ich mich wenigstens während der Schwangerschaft regelmäßig entspannt – mit einem Kleinkind an der Hand ist das vielleicht auch gar nicht mal so übel. Durch den regelmäßigen Sport möchte ich meine körperliche Fitness verbessern und dadurch meinen Körper in der Schwangerschaft und Rückbildung unterstützen. Vor allem mein Bindegewebe ist sehr schlaff (das war schon immer ein Problem) und freut sich über jede Unterstützung.

Alternativen finden. Auch mit Alternativen möchte ich mich beschäftigen, für den Fall, dass eine Hausgeburt nicht realisierbar ist. Ich möchte dann nicht spontan überlegen müssen, in welche Klinik ich fahre oder was ich in meine Kliniktasche packe. Deshalb werden Niklas und ich nochmal in uns gehen und gegebenenfalls sogar nochmal zur Kreißsaalbesichtigung gehen, denn ich bin mir nicht sicher, ob ich nochmal im selben Krankenhaus entbinden wollen würde, sollte es soweit kommen. Diese Dinge sollen also im Laufe der Schwangerschaft geklärt werden, um im Ernstfall einen Plan B zu haben.

Der Grundstein für unseren Wunschgeburtsort ist gelegt. Ich bin ehrlich, so aufgeregt war ich schon eine lange Weile nicht mehr. Ich wünsche mir sehr, dass unser drittes Kind zu Hause im engen Kreis geboren werden kann und wir eine einzigartige Erfahrung machen dürfen. Drückt uns die Daumen, ja?

Habt ihr noch Fragen zu unserer anstehenden Hausgeburt, oder Aspekte, die euch besonders interessieren, vielleicht auch Erfahrungen, die ihr gerne teilen möchtet? Dann schreibt sie doch bitte unter diesem Post hier in die Kommentare.

Alles Liebe,
eure Jasmin