Der Moment der Beikosteinführung ist für viele Eltern ein großer Meilenstein im ersten Lebensjahr, ist es doch der Moment in dem die Kinder sich ein Stück weiter abnabeln. Etwas passiert mit dem Kind und auch mit der Beziehung. Sie wächst und erreicht eine neue Ebene. Für mich ist das ein sehr besonderer Moment, vielleicht auch dadurch bedingt, dass ich meine Kinder beide ausschließlich gestillt habe. Plötzlich waren mit der Beikosteinführung auch andere Personen in der Lage, dem Hungergefühl meines Babys nachzukommen und ich hatte dadurch das Gefühl, weniger gebraucht zu werden. Ein Prozess, den ich als Mutter auch erst verarbeiten muss.

Druck von außen

Ich habe in den zweieinhalb Jahren Mutterschaft oft erlebt, dass Druck auf uns Mütter aufgebaut wird, wann das Baby denn endlich etwas Richtiges zu essen bekommt. Von „Stillst du noch?“ über „Isst er denn schon Brei?“ bis hin zu „Gib ihm doch mal was Richtiges zu essen, damit ich auf ihn aufpassen kann!“ war alles dabei. Ich habe dennoch versucht, mich immer auf mein Bauchgefühl zu verlassen und alles nach unserem Tempo zu machen.

Bei Samuel haben wir die erste feste Nahrung im Dezember angeboten, da war er süße 4,5 Monate alt – und deutlich zu jung. Er lutschte zwar genüsslich auf dem Obst herum, an mehr war aber nicht zu denken. Als wir es einige Wochen später mit Brei versuchten, war auch das noch zu früh und so stillte ich einfach immer weiter. Im April nach unserem Krankenhausaufenthalt, da war Samuel acht Monate alt, fingen wir an, regelmäßig Beikost anzubieten. Samuel hatte damals allerdings kein Interesse an Brei und so versuchten wir es mit Baby Led Weaning, kurz BLW (Artikel dazu findet ihr beispielsweise hier und auch hier bei das gewünschteste Wunschkind). Ich muss zugeben, dass ich mich damals richtig freute, als es endlich soweit war und kochte voller Elan Gemüsesticks und BLW Rezepte nach, tobte mich aus.

Nun beim zweiten Kind bin ich noch wesentlich entspannter. Die WHO empfiehlt ohnehin, volle sechs Monate zu stillen, in der Uni war das während des Semesters sowieso am praktischsten für mich und daher machte ich mir absolut keinen Stress. Seit ca. einem Monat beobachte ich Mio ganz intensiv, wenn wir alle zusammen am Tisch sitzen, um den richtigen Moment abzupassen. Er mustert unsere Bewegungen ganz genau, wackelt freudig mit den Füßen und steckt seine Hand in den Mund, um darauf herumzukauen. Ich denke nicht, dass er unbedingt etwas mit uns essen möchte, aber dass er grundsätzlich neugierig darauf ist, was wir da eigentlich tun und ab und zu bekommt er deshalb auch ein bisschen Obst oder Brot in die Hand, auf dem er herumlutschen kann. Mehr passiert bei ihm da tatsächlich noch nicht.
Nach knapp acht Monaten kann ich für mein Kind sagen, dass noch nicht alle Beikostreifezeichen erfüllt sind.

Beikostreifezeichen

Zwar sitzt Mio in seinem Babyaufsatz mit am Tisch und schaut interessiert, aber er schiebt Brei mit der Zunge wieder aus dem Mund, anstatt ihn hinunterzuschlucken. Alle anderen Beikostreifezeichen sind zwar erfüllt, aber dieses eine, dieses essentielle fehlt noch. Daher warten wir mit der Beikost noch, bis unser Baby soweit ist und auch motorisch wirklich bereit für feste Nahrung ist. Natürlich wäre es für uns als Familie einfacher, wenn Mio eine Mahlzeit am Tag nicht mehr stillen würde, denn dann hätten mein Mann und ich die Option gemeinsam ein paar Stunden zu zweit zu verbringen. Aber hier gibt mein Kind den Takt vor, hier bestimmt mein Kind die Geschwindigkeit, seine Entwicklung kann und möchte ich nicht beschleunigen, indem ich ihm eine Mahlzeit aufzwinge.
Ich wünsche mir, dass mehr Mütter sich von ihrem Bauchgefühl leiten lassen würden und einfach mit ihrem Baby zusammen den Takt vorgeben würden. Ihr kennt euer Kind am besten, ihr seid die Symbiose im Tanz des Lebens. Ihr wisst, was euch und eurem Baby gut tut. Vertraut darauf.

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Ich stille gern und momentan stillt Mio vor allen Dingen viel. Und ja, das geht irgendwann an die Substanz, hauptsächlich nachts würde ich mir längere Schlafphasen  ohne ständige Stillpausen wünschen. Nicht zuletzt, weil die kognitive Entwicklung meines Kindes an einen erholsamen und ausdauernden Schlaf gebunden ist. Nicht zuletzt, weil ich ausgeglichener bin und mein Nervenkostüm weit dicker, wenn ich nachts auf mehr als zwei Stunden Schlaf am Stück komme. Aber letztlich ist es mir wichtig, dass mein Baby von Beginn an eine positive Einstellung zu Nahrung bekommt und nicht dazu gezwungen wird, etwas zu essen, das es noch gar nicht richtig verarbeiten kann.

Ich höre auf mein Bauchgefühl, vertraue meinem Kind und seinem Instinkt.

Alles Liebe,
eure Jasmin